Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 71

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Strafbestimmungen für die sogenannte – ich verwende extra das Wort "sogenannte" – Kinderpornographie diskutiert und sie entscheidend verschärft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bedauerlicherweise konnte ich in den letzten vier Jahren nicht wahrnehmen, daß das Thema Kinderpornographie auch nur im geringsten an Bedeutung in der Öffentlichkeit verloren hätte, geschweige denn in der Häufigkeit der Delikte, bloß weil es strengere Strafen gibt. Ich bedauere das unendlich, denn das ist – und da möchte ich nicht wiederholen, was die Vorredner gesagt haben – im Zusammenhang mit dem Strafrecht insgesamt und mit den Deliktstypen so ziemlich das grauenvollste und unserem Vorstellungsvermögen am weitesten entfernt gelegene Delikt, das es im Zusammenhang mit Tatbeständen im Strafrecht überhaupt gibt.

Und deshalb ist es so ernst zu nehmen, und deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, verurteile ich nicht in erster Linie bloß das, was die FPÖ tut, nämlich dieses Hinauflizitieren, wie weit man geht, ob man bis "lebenslang" geht, was dem "lebenslang" folgt, ob man das siebenmal betont und ob jemand fünfmal "lebenslang" bekommt. Das zeigt nichts anderes, als daß es nie ernsthaft darum geht, Opfer im Mittelpunkt dieser Interessen zu sehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Denn die Opfer brauchen Hilfe, und diese Hilfe bekommen sie nicht. Die Hilfe bekommt das konkrete Opfer nicht durch das lebenslange Weggesperrtsein, sondern die Opfer brauchen ganz andere Maßnahmen, die im Strafrechtsänderungsgesetz in bestimmter Hinsicht ja selbstverständlich auch miteinbezogen sind. Ich möchte betonen: Wir geben unsere Zustimmung, wenn es um die Vernehmung geht und wenn es um das geht, was im prozessualen Verfahren auch möglich ist. Aber, Herr Bundesminister, Sie wissen es, darüber hinaus wäre so viel an Einsatz notwendig. Da geht es auch um die monetäre Ausstattung der Institutionen, die sich mit Opferschutz beschäftigen, und da sind wir nicht Weltmeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, absolut nicht. Und das ist sehr bedauerlich.

Mit demselben Impetus, mit dem wir hier jetzt alle, einschließlich meiner Person, bei den strengeren Strafen unsere Zustimmung beteuern, erwarte ich auch, daß jene, die das ermöglichen können – und das ist wahrlich nicht die Opposition –, es auch wirklich tun. Das gilt, wenn es ums Geld geht, wenn es um die Unterstützung der Kinder- und Jugendanwaltschaften geht, wenn es darum geht, die Sozialarbeiter in den Jugendämtern zu unterstützen. Das ist ein Gebot der Stunde, denn sonst sitzen wir in vier Jahren wieder da und haben das Gefühl, daß nichts geschehen ist und sich nichts geändert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wende mich jetzt dem Abänderungsantrag der grünen Fraktion bezüglich des § 209 zu. Das Schutzobjekt im Sexualstrafrecht ist wahrlich nicht die öffentliche Moral, wie es ein Großteil des Hauses versucht, uns beziehungsweise der Öffentlichkeit darzustellen. Das Schutzobjekt ist die sexuelle Integrität und das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Menschen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte sich wie ein roter Faden durch das gesamte Sexualstrafrecht ziehen. Aber hier – und insofern paßt die Debatte schon – reißt dieser rote Faden. Genau das ist es nämlich, was ich vermisse beim § 209 und bei den Bestrebungen, die dahin gehen, Menschen ob der Erhaltung der moralischen Vorstellungen und der Moral, Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren.

Ich bin es müde, festzustellen, wer aller nicht auch schon festgestellt hat, daß das Diskriminierung ist, und wie oft Österreich angeprangert, verurteilt und aufgefordert wurde, diesbezüglich endlich Schritte zu setzen, und ich verurteile, meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, Ihr Vorgehen. Ich verurteile es im wahrsten Sinne des Wortes, weil ich kein Verständnis dafür habe, daß Sie heute nicht zu Ihrem Wort stehen, das Sie nicht nur den Betroffenen, sondern sozusagen auch im Sinne des Prinzips der Nichtdiskriminierung und der Rechtsstaatlichkeit gegeben haben, diesen § 209, soweit es in Ihren Möglichkeiten steht, aktiv – aktiv! – abzuschaffen. Durch Nichtteilnahme oder sonstiges Jonglieren beziehungsweise aufgrund Ihrer Koalitionstreue verhelfen Sie diesem Gebot nicht zum Durchbruch. Ich verurteile das!


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