Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 74

Es war allen Seiten seit dem Jahre 1987, seit dem Jahre 1989, klar, daß es unter dem Talboden – wenn man unter den Talboden hineingeht, was in den letzten Jahren der Fall war – massive Wasserprobleme geben wird. Das hat nichts mit Regenfällen zu tun gehabt. Das hat nichts mit dem Bach darüber zu tun gehabt. All das kommt noch dazu! Aber der Grundwasserkörper, der in seiner Mächtigkeit dort liegt, war ein Problem, und das war allen bekannt. Und dennoch hat man in dieser Sache nichts von seiten der Bergbehörde unternommen, um sicherzustellen, daß ein solches Unglück nicht passieren kann.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Farnleitner ist gestern in die Offensive gegangen. Er hat die Flucht nach vorne angetreten. Aber eines ist offenkundig: Das dient nicht der Aufklärung, sondern nur der Schadensbegrenzung. Er hat gestern gesagt, er habe um 19.15 Uhr davon erfahren und um 19.25 Uhr habe er mit dem Herrn Bundeskanzler telefoniert. – Um 19.33 Uhr war er live in die "ZiB" eingeschaltet. Er hat dann etwas gezögert, als ihn Herr Broukal gefragt hat, seit wann er das weiß. Er hat ein bißchen Zeit gebraucht, um damit herauszurücken, und hat dann gesagt: Erst heute abend habe ich das erste Mal davon erfahren.

Auch hier sieht man, daß der Herr Bundesminister im Fall Lassing offenbar nur das zugeben will, was man ihm nachweisen kann – auch heute in seiner Erklärung vor dem Hohen Haus. Ich sage Ihnen das jetzt sine ira et studio, ich sage Ihnen das ohne Zorn und ohne Eifer: Der Herr Bundesminister hat heute hier gesagt, daß er gestern abend erstmals mit Beweisen konfrontiert worden ist, die einen unrechtmäßigen Abbau im Talkbergbau bei den Naintscher Mineralwerken bestätigt haben. Ich sage Ihnen von diesem Pult aus: Herr Minister! Sie lügen! Mit dieser Aussage lügen Sie! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie, sich in der Wortwahl etwas zurückzuhalten. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für den Vorwurf des Lügens.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsident! Aber ich benenne das, was der Herr Bundesminister gemacht hat, so, wie es wirklich ist. (Rufe bei der ÖVP: Unverschämt!)

Ich sage Ihnen noch etwas: Im "NEWS", das gestern erschienen ist, ist bereits Berghauptmann-Stellvertreter Zechling mit diesen Vorwürfen zitiert. Das "NEWS" war schon gestern um 16 Uhr zu erhalten. Und das – das habe ich nachgefragt, meine Damen und Herren –, was auf Seite 74 und 75 gedruckt wird, wird auf dem Bogen 4 gedruckt, und der Bogen 4 geht am Montag in Druck. Deshalb hat "NEWS" bereits am Sonntag von dieser Sache gewußt, und es hat auch der Herr Bundesminister, wie mir gesagt wurde, von dieser Sache gewußt. Er bekommt am Mittwoch zu Mittag das Vorausexemplar. (Abg. Dr. Graf: Meistens stimmt nicht, was im "NEWS" steht!)

Wenn es so sein sollte, daß irgend jemand von der Bergbehörde, der "NEWS" am Sonntag informiert hat, den Herrn Bundesminister nicht informiert hätte, dann wäre es angemessen gewesen, diese Person noch gestern zu suspendieren. Er hat es nicht getan, weil er weiß, daß er keinen Grund dafür hat, weil er es bereits am Sonntag gewußt hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vielleicht hat er es erst am Montag gelesen. Aber daß er sich heute hier vor das Hohe Haus hinstellt und sagt, er habe erst gestern abend davon erfahren, ist die Unwahrheit! Er weiß es auch, meine Damen und Herren! (Abg. Großruck: Sagen Sie uns den Grund, warum er eine Woche lang nichts gesagt hätte? Erzählen Sie uns einen Grund!) – Das ist kein simpler Grund. – Das ist die Unwahrheit! Die Desinformation hat in dieser Sache von Anfang an Platz gegriffen. Und es war auch der Herr Bundesminister, der nichts dagegen getan hat, sondern sie gefördert hat: Er hat sie mit seinem Bericht gefördert und er hat sie heute mit seiner Erklärung vor diesem Haus gefördert.

Darum sage ich Ihnen von seiten der Liberalen: Wir verlangen einen Untersuchungsausschuß. So wie Sie, Herr Bundesminister, eingestanden haben, daß entgegen Ihren Weisungen von der Bergbehörde in anderen Fällen Bescheide ausgestellt wurden, wogegen Sie jetzt vorgehen werden, sage ich Ihnen: Der Untersuchungsausschuß ist nicht nur für den Fall Lassing einzu


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