Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 77

Es wurde ungeachtet dieser Distanz telefonisch und per Fax festgestellt, wie man helfen kann. Und man hat seitens der Bergbehörde sofort eine deutsche Firma, nämlich die Firma Anger, die das geeignete Bohrgerät zur Verfügung hat und dem Herrn Abraham von der OMV – er hat die ersten Anrufe koordiniert – bekannt war, beauftragt, nach Lassing zu kommen und Hilfestellung zu geben. Herr Müller-Ruhe ist einer der Geschäftsführer dieser Firma.

Ich darf Ihnen jetzt folgendes sagen, weil man immer vom schlechten Management und fehlenden Krisenmanagement spricht: Normalerweise ... (Abg. Scheibner: Der Minister sagt es ja selber!) – Ich komme auch zu Kritikpunkten. Herr Kollege! Lassen Sie mich doch wenigstens einige Fakten hier sagen! Normalerweise bedarf es eines Zeitraumes von ein bis zwei Wochen – ein bis zwei Wochen sind die normale Vorbereitungszeit! –, um derartige Bohrungen vor Ort in dieser Größenordnung überhaupt durchführen zu können.

Wissen Sie, wie lange es in Lassing gedauert hat, bis die Bohrmannschaften am Bohrpunkt waren und mit der Bohrung beginnen konnten? – Es hat nur 28 Stunden gedauert. Und es mußte schweres Bohrgerät von Kassel in Deutschland nach Lassing gebracht werden, was gar nicht so einfach war. Es mußte begleitend schweres Bohrgerät von der OMV nach Lassing gebracht werden. Es mußten die Bohrrohre hingebracht werden, es mußten die Spültanks hingebracht werden, die gesamten Übergänge, Schwerstangen, technisches Gerät, Chemikalien und so weiter. Das ist eine ungeheuer komplexe technische Angelegenheit. Es ist ja nicht so, daß man einen Bohrer zur Hand nimmt und ein Loch bohrt, sondern da geht es um einen sehr komplexen Bereich.

Im gleichen Zeitraum sind darüber hinaus noch fünf Sperrbrunnen vor Ort von der OMV Proterra gesetzt worden, denn diese waren die Voraussetzung, um die Wassersituation überhaupt in den Griff zu bekommen.

Erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit, auch meinem Freund und Kollegen Abraham für seinen Einsatz wirklich aufrichtig zu danken. Er sitzt heute oben auf der Galerie und hört sich diese Debatte an. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Abg. Scheibner.)

Es wurde heute von Arbeitszeit gesprochen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Arbeitszeit war überhaupt kein Problem mehr, denn es sind einzelne Bohringenieure und Bohrarbeiter vor Ort derart im Einsatz gestanden, daß sie vor Erschöpfung teilweise ins Krankenhaus gebracht werden mußten und vom Krankenhaus wieder an die Arbeitsstelle zurückgebracht wurden. Also von Arbeitszeit und ähnlichen Dingen war gar keine Rede mehr, sondern es ging absolut nur mehr darum, Menschenleben zu retten, und das war zentraler Punkt all dieser Aktionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der gestrigen Information, daß nun eine neue Situation gegeben sei, erübrigt sich natürlich in weiten Bereichen der Bericht an den 66. Ministerrat, der von Minister Farnleitner gegeben wurde. Dieser Bericht beinhaltete schwerpunktmäßig drei Teile: erstens die geologische Erstanalyse, zweitens erste Anmerkungen zu den Rettungsmaßnahmen in Lassing sowie zur Kooperation der Helfer vor Ort und drittens notwendige Konsequenzen.

Meine Damen und Herren! Bei der Schlußfolgerung aus der geologischen Erstanalyse muß man ansetzen; diese lautet nämlich: Gesamt betrachtet können seitens der Geologen der Obersten Bergbehörde zurzeit noch keine verläßlichen Angaben getroffen werden, ob es sich um eine Naturkatastrophe oder eine durch den Bergbau herbeigeführte Katastrophe handelt.

Nach dem, was auch ich gestern sehr überrascht in der "Zeit im Bild 1" vom Herrn Bundesminister gehört habe, was dann in der weiteren Diskussion zutage kam und was heute im Bericht des Herrn Bundesministers Farnleitner gesagt wurde, stellt sich automatisch für jeden die Frage, der damit befaßt oder auch weniger befaßt ist, ob es nicht doch in bestimmten Kreisen schon früher bekannt gewesen sein muß, wie dort abgebaut wurde, wie das Ganze vor sich gegangen ist.


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