Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 108

14.39

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Wer die gestrige Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mitverfolgt hat, wer heute die Printmedien aufgeschlagen und die Schlagzeilen über die angebliche Katastrophenursache von Lassing gelesen hat, der hat sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß ein Minister, der politisch durch sein eigenes Handeln praktisch stehend k.o. ist, unmittelbar vor der ersten Sitzung des Nationalrates, in der es um die politische Aufarbeitung des Themas Lassing geht, versucht, durch eine Entlastungsoffensive seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. (Abg. Rosemarie Bauer: So wie die "F" bei allen Diskussionen hier herinnen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist an der Grenze zur Unverfrorenheit, uns zuzumuten – das hat ein Kollege vom Liberalen Forum auch gesagt –, an den Zufall zu glauben, daß Sie tatsächlich erst am Vortag um 19 Uhr verständigt wurden, daß in Lassing, wie Sie es bezeichnet haben, Schwarzabbau betrieben wurde.

Sehr geehrter Herr Minister! Können Sie mir erklären, wieso denn alle Medien – und nicht nur jene, die während der Nachtstunden eine weitere Drucklegung haben – schon heute, wie beispielsweise die "Oberösterreichischen Nachrichten", heute in der Headline auf Seite eins von einer Ungeheuerlichkeit reden: "Schwarzabbau führte zur Katastrophe von Lassing." Darin werden Sie zitiert, Herr Bundesminister: "Die Katastrophe von Lassing ist auf einen von den Behörden nicht genehmigten Abbau in der Grube zurückzuführen. Dies gab Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner am Mittwoch bekannt."

Angesichts dessen wollen Sie dem Hohen Haus glaubhaft machen, daß Sie tatsächlich erst am Vortag um 19 Uhr von diesem angeblichen Schwarzabbau verständigt wurden? – Das glaubt Ihnen in diesem Hohen Haus niemand. Ich glaube, nicht einmal Ihre Kollegen von der eigenen Partei glauben das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist also nichts anderes als der Versuch – im politischen Sinn gesprochen –, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und jemand anderem die Verantwortung für das Grubenunglück anzulasten, wobei es zunächst einmal nicht um die Effizienz der Rettungsarbeiten und ihre Koordination geht oder um die Ursachen, denn das sind sozusagen zwei verschiedene Paar Schuhe. Unabhängig davon, wer die Ursache des Unglücks zu verantworten hat, sind jedenfalls die Rettungsmaßnahmen in koordiniertem Ausmaß durchzuführen. Denn Sie werden ja nicht das Ausmaß Ihrer Bemühungen, zur Rettung der Verschütteten beizutragen, davon abhängig machen, wer der Verursacher ist. Das ist einmal zu trennen. Aber Sie haben bewußt versucht, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen und auch das Hohe Haus, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sehr geehrter Herr Minister! Wenn Sie in den "Oberösterreichischen Nachrichten" mit der Aussage zitiert werden, daß die Katastrophe von Lassing auf einen von den Behörden nicht genehmigten Abbau in der Grube zurückzuführen sei, aber am nächsten Tag allen Ernstes den Abgeordneten des Hohen Hauses in diesem Saal sagen, Sie könnten uns keine Auskunft über die Ursachen, die zu diesem Unglück geführt haben, geben, so ist dies das genaue Gegenteil von dem, was Sie gestern und heute früh versucht haben, der Öffentlichkeit plausibel zu machen. Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit und um die Glaubwürdigkeit der Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich gestehe Ihnen schon zu, daß Sie einen schweren Sommer hatten. Aber diese Entlastungsoffensive hat sich von selbst entlarvt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Hohen Haus geht es um die Frage der politischen Verantwortung. Wir wissen, daß sich bei vergleichsweise weniger tragischen Unglücksfällen die politisch Verantwortlichen zu dieser Verantwortung bekannt haben, etwa beim Einsturz der Reichsbrücke, als der damalige Stadtrat Hofmann seinen Hut nahm.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Ein unbefangener Beobachter, der Ihre Rede hört und mit dem vergleicht, was Sie der Öffentlichkeit plausibel zu machen versuchen, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es Ihnen nicht darum geht, die Unglücksursachen


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