Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 169

Lösung zuzuführen, wieder in diesem Bericht als Anregung aufscheinen. Das zeigt mir, daß die Anregungen der Volksanwaltschaft von der Koalition offenbar nicht ernst genommen werden, sonst würde sich am Ende dieses Berichtes nicht ein seitenlanger Anhang befinden, in dem immer wieder zu lesen steht: "Anregung der Volksanwaltschaft bleibt aufrecht".

Ein Großteil dieser Anregungen müßte schon lange gelöst und umgesetzt sein. Das passiert leider nicht. Aber ich vertraue und hoffe auf die Volksanwaltschaft, daß sie trotzdem weiterhin dran bleibt und ihre Anregungen immer und immer wieder in diesen Bericht hineinschreibt. Vielleicht wird dann nämlich irgendwann einmal der Anhang so dick wie die Liste der 12 000 Fälle selbst – ich möchte sie lieber als "Lebenssituationen" bezeichnen –, die in diesem Bericht angeführt sind.

Ich möchte jetzt auf einige wenige Kapitel eingehen, die mir außerordentlich wichtig zu sein scheinen.

Der erste Punkt betrifft das Pflegegeld. Es hat heuer im Sommer eine Novellierung des Pflegegeldes gegeben. Dadurch hat sich vielleicht einiges ein bißchen verbessert, aber die prinzipielle Situation der Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbezieher in Österreich ist noch lange nicht gelöst, meine Damen und Herren!

Sie wissen, daß Sie den behinderten Menschen noch immer eines schuldig sind, nämlich eine offene Pflegegeldstufe. Diese soll dazu dienen, daß sich Menschen, die rund um die Uhr Betreuung brauchen, auch tatsächlich die nötige Assistenz und Hilfeleistung leisten können. Jetzt ist es so: Wenn der Bedarf an Pflegegeld so hoch ist, daß er die Höchstgrenze von 22 000 S übersteigt, dann müssen diese Menschen nach wie vor in stationäre Einrichtungen abwandern, weil sie schlicht und einfach zu Hause die Assistenz nicht mehr organisieren beziehungsweise finanzieren können.

Dieser Punkt ist ein wichtiger Bereich, der noch immer nicht umgesetzt worden ist. Ich habe auch noch nie den Eindruck gehabt, daß die Koalition jemals vorhat, diesen höchst notwendigen Punkt endlich einmal auf eine Weise zu lösen, durch die es für pflegebedürftige Menschen wirklich eine Besserstellung gäbe. Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt mehr als deutlich auf, wo die Probleme im Pflegegeldbereich liegen. Es braucht niemand das Rad neu zu erfinden, um diese schwierigen Lebenssituationen zu erkennen. Man müßte eigentlich nur den Bericht der Volksanwaltschaft lesen und hätte damit einen Informationsstand, auf Basis dessen man dann wirklich etwas ändern könnte.

Der zweite Bereich, der mir auch persönlich sehr am Herzen liegt, ist der Bereich des Zivildienstes. Es geht dabei ganz konkret um jene Zivildiener, die nicht in Österreich, sondern außerhalb Österreichs ihren Zivildienst leisten. Sie wissen ganz genau, meine Damen und Herren, daß es für jene Personen, die nicht in Österreich Zivildienst leisten, nach wie vor ein Riesenproblem ist, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Vereine können die erforderlichen Beträge teilweise nicht aufbringen, und jeder Zivildiener, der heute ins Ausland geht und dort seinen Zivildienst macht, muß ein großer Idealist sein, ja mehr noch, er muß wirklich ein Lebenskünstler sein, um mit diesem geringen Einkommen ein Auskommen zu finden.

Der dritte Punkt, der mir noch sehr wichtig ist – ich glaube, da hätten Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, noch die Möglichkeit, etwas zu verändern –, betrifft das Wahlrecht von behinderten Menschen. Wir werden morgen über eine neue Wahlordnung zur Bundespräsidentenwahl, zur Nationalratswahl, zur Europawahl und zu den Volksbegehren diskutieren. In diesem Bericht der Volksanwaltschaft steht wieder einmal nachzulesen, daß es noch nicht gelungen ist, die Wahllokale barrierefrei zu gestalten, wodurch es auch behinderten Menschen möglich wäre, ihr demokratisches Wahlrecht in Anspruch zu nehmen. Es wird sich daran aber auch durch die neue Fassung und die Novellierung der Wahlordnungen, die ich vorher aufgezählt habe, nichts ändern. Das, was Sie von den Regierungsparteien hineinreklamiert haben, ist eine so weiche Bestimmung oder ein so weicher Ansatz, daß er niemandem etwas bringt und keinesfalls das Wahlrecht behinderter Menschen sicherstellt.

Meinen Damen und Herren! Behinderte Menschen haben ein Wahlrecht, und die Volksanwaltschaft zeigt seit Jahren auf, daß Sie verhindern – und zwar auch für die Zukunft verhindern –,


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