Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 150

ten. Sie konnten nämlich nur einem Kandidaten ihre Unterschrift geben, und das war sicher eine sehr, sehr widersprüchliche Regelung. Insofern halte ich es für vernünftig, daß die Privilegierung der Abgeordnetenunterschriften in dieser Novelle fehlt.

Ich hätte es jedoch besser gefunden, wenn zumindest das Vorschlagsrecht der Abgeordneten geblieben wäre, weil in einer repräsentativen Demokratie der Wert eines Abgeordneten 25 000 Stimmen entspricht, und ich möchte diesen Populismus nicht mittragen. So zeugt etwa die Aussage des Bundespräsidenten – ich zitiere wörtlich –: Unter Bürgerpräsident verstehe ich, daß ich es abgelehnt habe, mich von den Parteien nominieren zu lassen! nach meinem Dafürhalten von einem merkwürdigen Demokratie- und Parteienverständnis und mitunter auch von leichter Vergeßlichkeit. Denn ein Bundespräsident, der im ersten Wahlgang von einer Partei vorgeschlagen wurde, wird im zweiten Wahlgang nicht dadurch ein unabhängiger, über den Parteien stehender Präsident, daß er sich von 6 000 Unterstützern vorschlagen läßt, sondern er wird dadurch ein objektiver und über den Parteien stehender Bundespräsident, daß er sich geistige Unabhängigkeit und Integrität erwirbt. Und das geschieht nicht dadurch, daß man Parteien herabsetzt, um sich selbst zu schmücken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher hätte ich es in diesem Fall ganz gerne gesehen, wenn die alte Regelung geblieben wäre, wonach auch Abgeordnete mit ihrer Stimme einen Kandidaten vorschlagen dürften oder könnten, weil das nicht im Widerspruch zur repräsentativen Demokratie steht. Das hätte der Demokratie insgesamt, dem Verständnis von Demokratie und auch unserem Herrn Bundespräsidenten gutgetan. – In diesem Sinne danke. (Beifall bei der SPÖ. )

18.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.13

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar večer, poštovane dame i gospodo! Verehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderungen in verschiedenen Gesetzen, die die Koalition so gerne mit dem positiven Titel "Demokratiepaket" schmückt, ist ein extrem kleines Paket. (Abg. Schwemlein: Macht mitunter die größte Freude!) Es ist ein so kleines Paket, daß man es, würde man es auf die Post tragen, als Brief aufgeben könnte – so klein ist dieses Paket. Nichtsdestotrotz beinhaltet es Dinge – die noch zur Diskussion und bald zur Abstimmung stehen –, die ich durchaus für bemerkenswert und auch insofern für sehr positiv halte, als sie eine Fortentwicklung unseres Demokratieverständnisses darstellen.

Die wesentlichsten Punkte der Veränderungen enthält zweifelsfrei das Volksbegehrengesetz, das geändert wird. Die Initiative dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht etwa aus der großen Zuneigung der Koalitionsparteien zum Instrument "Volksbegehren" entstanden, sondern die Initiative dazu ist vor allem aufgrund sehr erfolgreicher Volksbegehren und der damit verbundenen Wünsche der Volksbegehrensbetreiber und -betreiberinnen, die schwerwiegende Mängel sowohl in den rechtlichen Grundlagen, aber erst recht in der politischen Umsetzung dieser Volksbegehren gesehen haben, entstanden.

Ich sage nur Stichworte: Gentechnik-Volksbegehren – 1,4 Millionen UnterzeichnerInnen, Tierschutz-Volksbegehren – 450 000 UnterzeichnerInnen – und das Frauen-Volksbegehren mit über 600 000 Unterschriften von Bürgern und Bürgerinnen, die sich mit diesen Forderungen identifiziert haben. Und diese Mängel bezüglich der rechtlichen Grundlagen sind es, die jetzt auch zu einer Reform geführt haben.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht sehr viel von dem übriggeblieben, was die "Initiative Direkte Demokratie", wie sich der Zusammenschluß der BetreiberInnen dieser erfolgreichen Volksbegehren genannt hat, als Kernpunkte gefordert hat, und sie hat ihre Forderungen allen Parteien vorgetragen. Was sie den im Nationalrat vertretenen politischen Parteien präsentiert haben, haben sie "Paket" genannt. Die Kernpunkte des Pakets der "Initiative Direkte Demokratie" möchte ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, weil ich das Gefühl habe, daß sehr viele Abgeordnete, sogar solche, die dem Verfassungsausschuß angehören, nicht so recht


Vorherige SeiteNächste Seite
HomeSeite 1