Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 152

den Nationalrat einbringen. Das ist absolut in Ordnung und deckt sich sowohl mit meinem Demokratieverständnis als auch mit jenem des Herrn Dr. Khol. (Abg. Dr. Khol: Dann brauchen Sie doch keinen Unterausschuß dafür, wenn Ihre eigene Forderung umgesetzt wird! Die gleiche Inkonsequenz wie die Liberalen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Groß ist diese Deckung des Demokratieverständnisses aber nicht, denn jene, die das verlangt haben und mit parteiunabhängigen Volksbegehren Erfahrung haben, haben selbstverständlich gleichzeitig verlangt, daß es Erleichterungen bei der Einleitung eines Volksbegehrens geben muß. Denn wenn man sich diese Mühe – um es einmal so auszudrücken – in der Vergangenheit erspart hat, dann geschah dies in der Regel entweder aus technischen oder aus finanziellen Gründen, aber nicht deshalb, weil man in irgendeiner Form am Erfolg von Volksbegehren gezweifelt hätte. Ich erinnere jetzt nur einmal an das Beispiel Tierschutz-Volksbegehren. Keines dieser Volksbegehren wurde von den Koalitionsparteien mitunterschrieben oder mitgetragen. Es waren Mischformen dabei, aber nie diese Variante.

Was sagen die Volksbegehrensbetreiber? – Sie wollen – das wäre auch im Sinne der Demokratie – eine Halbierung jener Zahl der Unterstützungsunterschriften, die notwendig sind, um ein Volksbegehren einzuleiten. Was ist die Hälfte von 10 000? – 5 000.

Meine Damen und Herren! Auf welche Zahl hat sich die Koalition geeinigt? – Auf 8 100. Dies ist weit entfernt von einem Kompromiß gegenüber den ursprünglichen Forderungen. 8 100! Das ist das Demokratieverständnis, das hiermit verbunden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Schieder: Wo ist Halbierung mehr Demokratie? Wo steht geschrieben, daß Halbierung mehr Demokratie heißt? Vielleicht sind 8,1 mehr Demokratie!) Nein, es steht nirgends geschrieben, daß das so ist. Es bedeutet lediglich – oder es hieße das nur, es wird ja nicht der Fall sein –, daß jene Gruppen, die weder die finanziellen Mittel noch die Apparate von großen Organisationsstrukturen hinter sich haben, überhaupt die Möglichkeit haben, ein Volksbegehren einzuleiten.

Kollege Schieder! Das heißt ja noch nicht, daß das die Volksbegehrenskampagne ist. (Abg. Schieder: Das weiß jeder! Das weiß jeder! Lernt man in der Volksschule!) Das heißt noch nicht, daß man Hunderttausende oder zumindest 100 000 zum Wahllokal bringt. Da müssen ja 10 000 Leute auf ihr Gemeindeamt gehen und sozusagen face to face zum Bürgermeister ein Volksbegehren unterschreiben, das vielleicht von einer – um es einmal so zu formulieren – inhaltlich konkurrierenden, wenn auch noch so kleinen Gruppe getragen wird. Das ist für viele Leute in der Vergangenheit eine Mutfrage gewesen und wird es auch in der Zukunft bleiben. Sie erleichtern das nicht! Dieses Instrument dient nicht dazu, Menschen couragierter zu machen, sondern um diesen Knüppel der möglichen Einschüchterung weiter in der Hand zu haben. Das ist die Konsequenz, und deshalb behaupte ich, daß es zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber in Wahrheit zwei Schritte zurück sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum nächsten Punkt, nämlich was das Verständnis und das Ernstnehmen von Bürgeranliegen seitens der Koalitionsparteien angeht: Den zweiten Punkt, die Senkung der Altersgrenze für die Stimmberechtigungen, möchte ich nur streifen. Diese Forderung ist nirgends diskutiert worden, man hat sie ja nicht einmal ignoriert, obwohl sie demokratiepolitisch essentiell wäre. Denn das frage ich mich anläßlich jeder Wahl, aber bei Volksbegehren frage ich mich dies umso deutlicher: Gehen denn die Gentechnik, die Chancengleichheit und der Tierschutz 16- bis 18jährige überhaupt nichts an? Es ist offenkundig Ihre Meinung, daß sie dies nichts angeht, wenn es darum geht, Willen und Meinung zu äußern. Dies aber ist gewissermaßen nur ein kleiner Unterpunkt.

Ein viel wesentlicherer Punkt ist, daß die Volksbegehrensbetreiber in diesem – ich formuliere es jetzt ein bißchen populär – demokratiepolitischen Match gegen politische Parteien – und wenn die Parteien die Forderungen umsetzen würden, die die verschiedenen Gruppierungen erheben, wäre das Instrument des Volksbegehrens gar nicht so notwendig – ein bißchen Chancengleichheit wollen, und Chancengleichheit bedeutet auch Geld haben. Darum haben die besonnenen


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