Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 153

Menschen dieser Initiative gesagt: Wir sind jenseits der Forderung, daß eine Stimme bei Wahlen geldmäßig gesehen gleich viel wert sein soll wie eine Unterschrift bei Volksbegehren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jede Partei, einschließlich die der Grünen, erhält für jede bei der Nationalratswahl für sie abgegebene Stimme rund 22 S an Wahlkampfkostenrückerstattung. Bürger und Bürgerinnen zahlen auf diese Weise gewissermaßen dafür, daß sie eine Partei wählen dürfen und daß es politischen Wettstreit gibt, einen Betrag von 22 S. Ich stehe dazu. Über die Höhe könnte man diskutieren. Aber Ihnen ist die Tatsache, daß sich Menschen auch durch Volksbegehren artikulieren können, überhaupt nichts wert, null wert. Die "Initiative Direkte Demokratie" hat vorgeschlagen – pragmatisch, realistisch und mit beiden Beinen auf dem Boden stehend, wie diese Menschen nun einmal sind –, daß die Betreiber eines Volksbegehrens für jede geleistete Unterschrift einen Betrag von 2 S erhalten sollen – 2 S, nicht 20 S! Das wären als Untergrenze 200 000 S für ein Volksbegehren, denn 100 000 Unterschriften braucht man, um es überhaupt zu einem erfolgreichen Volksbegehren werden zu lassen. Bei einem Betrag von 2 S pro Unterschrift wären das also 200 000 S.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts von Hunderten Millionen Schilling, die jährlich für wahlwerbende Parteien in Form von Parteienfinanzierung, an politische Akademien, Wahlkampfkostenrückerstattung, Klubfinanzierung und ähnliches – auch wir sind Nutznießer, füge ich hinzu – ausgeschüttet werden, ist dies eine so kleine Summe, daß sie nicht einmal einer Erwähnung wert wäre. Aber offensichtlich ist es so, daß in diesen Fragen – wie in so vielen anderen auch in der letzten Zeit – Ideologie transportiert wird. Offensichtlich hat man Angst davor, daß Bürger und Bürgerinnen ihre Anliegen artikulieren. Ob sie anschließend in der politischen Umsetzung erfolgreich sind, ist ohnehin wieder eine andere Frage, weil der Nationalrat ohnehin macht, was er will. Offensichtlich ist die Angst, mit dem Willen oder mit der Artikulation eines Willens konfrontiert zu werden, so groß, daß es nicht einmal zu einer Unterstützung in Höhe von 200 000 S für Volksbegehren kommt. Das wäre ohnehin nichts anderes als eine Art Portospesenersatz.

Meine Damen und Herren! Eine wesentliche Vergleichszahl, um die Relationen zu verdeutlichen, was dieser Betrag von 200 000 S bedeutet: Er entspricht jenem Betrag, den der Steuerzahler für jedes einzelne Volksbegehren zu zahlen hat. Jedes Volksbegehren in Österreich – egal, ob es von 1,4 Millionen, 100 000 oder vielleicht nur 60 000 Menschen unterzeichnet wird, wie seinerzeit jenes der Motorradfahrer – kostet 25 Millionen Schilling. 25 Millionen Schilling – das sind Fixkosten, meine Damen und Herren! Fixkosten!

Ich frage mich: Was sind 200 000 S oder was wären 150 000 S? – Nichts! Ich wollte jenen Kolleginnen und Kollegen, die nicht im erlauchten Vier-Augen-Kreis Khol/Kostelka dabei sind, einmal verdeutlichen, was die Forderungen jener sind, die das, was solche Initiativen fordern, in irgendeiner Form auch berücksichtigt haben wollen. Das sei Ihnen als Denkanstoß gesagt. Aber wir sind ja noch nicht am Ende dieser Diskussion. Es ist auch noch nicht aller Tage Abend und auch noch nicht das Ende dieses Tages. Es wäre ja noch etwas möglich.

Ich will jetzt keineswegs internationale Vergleiche strapazieren, denn dann könnte ich eine ganze Vorlesung halten. Man weiß ja, wie in anderen Ländern die Instrumente direkter Demokratie geregelt sind, welche finanzielle Unterstützung sie erhalten und welchen Stellenwert sie insgesamt haben. Man müßte nicht die Schweiz bemühen, sozusagen als das in dieser Hinsicht klassische Land, wo Bürger ihre Anliegen eben auch in anderer Form artikulieren können, als lediglich alle vier Jahre zur Wahl zu gehen. Nicht die Schweiz wäre zu bemühen, sondern viele andere EU-Staaten, die in dieser Frage viel vorbildlicher sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Redezeit ist auch nicht unbegrenzt. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein tröstliches Wort!) Deshalb sei noch ein Wort zu den anderen Gesetzen, etwa der Europawahlordnung, gesagt. Es wird ganz schnell, vom 17. Juli bis zum 15. September, die Europawahlordnung geändert, und zwar in einem Sinne, der durchaus nicht unsympathisch ist. Sie bringt nämlich durchwegs Erleichterungen und eine Entbürokratisierung, denn es ist etwa nur mehr ein Zeuge vonnöten und dergleichen mehr. Aber niemand kommt auf die Idee, daß man gewisse Absurditäten aus der Wahlordnung beseitigt. Was ich gerne diskutiert


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