Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 154

hätte, ist die 4-Prozent-Klausel im Europawahlrecht, daß eine Partei sozusagen 4 Prozent haben muß. Das ist aus der Nationalratswahlordnung abgeschrieben. Doch mit 4 Prozent gibt es nie ein Mandat, weil es nur 21 Europaparlamentarier gibt. Dabei ist Ihnen also die Legistik oder gewissermaßen die Qualität des Gesetzes Wurscht. Es muß nur alles schnell, schnell gehen, wenn es darum geht, eine populistische Ansage, die vielleicht einmal vor zwei Monaten gemacht worden ist, jetzt umzusetzen. Dies nur als kleines Beispiel dafür, wie "ordentlich", wie "sauber" und wie "gut" hier gearbeitet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Frage der Abschaffung der Möglichkeit, daß bei Bundespräsidentenwahlen künftig eine Partei einen Kandidaten nominiert: Meiner Meinung nach ist das dem ersten Anschein nach einmal ganz neutral zu sehen. Im ersten Augenblick hege ich dafür weder Sympathie noch Antipathie, aber nach kurzem Nachdenken kommen mir Bedenken, die ich für äußerst schwerwiegend halte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir leben – Gott sei Dank! – in einer repräsentativen Demokratie. Wir leben in einem Staat, in dem der Parlamentarismus zumindest auf dem Papier einen hohen Stellenwert hat. Wir leben in einem Staat, der gegenüber anderen Systemen große Vorteile hat, der auch Parteien einbindet und damit eine Qualität aufweist, die sich durchaus sehen lassen kann. Wir leben in einem Staat, der keine Präsidialdemokratie ist. Aber mit solchen kleinen Änderungen wie dieser – daß die Parteien eigentlich immer mehr auf Distanz zum Bundespräsidenten gehen – begibt sich auch der Nationalrat, in Form der politischen Parteien, wieder eines Stückes seiner Möglichkeiten und seines Stellenwertes. Mit solchen kleinen Dingen wird dieses System systematisch untergraben! Ich sage keineswegs, daß dies absichtlich, bewußt oder hinterhältig geschieht, nein, sondern nur einfach so, weil Klestil mit den Packerln, mit seinen 50 000 rot-weiß-roten Mascherln einmal ein Gag gelang, denn nichts anderes war das. Jetzt muß man das im Gesetz gleich für alle Zeiten festschreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das stellt für mich keine reife und von allen gelebte und bereicherte Demokratie dar, aber es zeigt die Art, wie dieses Parlament und wie dieser Verfassungsausschuß arbeiten. Das Hauptübel liegt meines Erachtens darin, daß der Vorsitzende dieses Verfassungsausschusses natürlich der Klubobmann der größten Partei ist und der Vize der Klubobmann der zweitgrößten Partei. Die sind gewissermaßen in einem Zweidrittelpackerl drinnen, und dort wird gemacht, was man will. Frau Dr. Schmidt hat mit all ihren Einwänden recht. Ich kann das jetzt nicht mehr wiederholen, weil meine Zeit um ist.

Mag. Posch möchte ich an dieser Stelle für seinen Mut danken, das auszusprechen. Meiner Meinung nach wird er als der einzige der großen Fraktion der SPÖ, der diese Bedenken ausgesprochen hat, in die Geschichte eingehen, und zwar hoffentlich positiv und nicht als negativer Mahner. (Beifall bei den Grünen.)

18.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.34

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir behandeln heute das Demokratiepaket, und in Anbetracht der noch zu verhandelnden Punkte der Tagesordnung und der Zahl der gemeldeten Redner möchte ich nur in einigen kurzen Bemerkungen auf diese Novellierungsvorschläge Bezug nehmen, denen wir unsere Zustimmung geben werden.

Zum ersten: Frau Kollegin Stoisits, ich bewundere Ihren heutigen Leidensdruck. Im Verfassungsausschuß habe ich Sie erlebt, da waren Sie eigentlich mit sehr vielem einverstanden. Sie haben sich kaum so engagiert zu Wort gemeldet, zumindest nicht mit soviel Wehmut wie jetzt. Ich darf Sie bitten: Betrachten Sie auch den Gesamtzusammenhang! (Abg. Wabl: Man ist ja so viel gewohnt! Man ist ja so verdammt viel gewohnt! In der Präsidiale durfte ich mir die Ergüsse des Herrn Khol anhören!) Sie waren ja nicht dabei, Herr Kollege Wabl! Sie geben nur zu allem


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