Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 167

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Redner ist Herr Abgeordneter Wabl, der vorhin die UNO-City mit dem Konferenzzentrum verwechselt hat. (Abg. Dr. Khol: Und auch sonst nicht immer alles weiß! – Abg. Mag. Stoisits: Das ist aber alles im selben Bezirk! – Zwischenruf des Abg. Schieder.) – Herr Abgeordneter Schieder, am Wort ist Kollege Wabl!

19.21

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident Fischer! Ich danke sehr für die Korrektur. Ich würde bitten, daß das öfters stattfindet, daß die Ausführungen der Redner hier berichtigt werden, wenn sie etwas Falsches sagen. Ich gebe schon zu, ich war damals selten in Wien, als diese glorreiche ÖVP-Oppositionspolitik gemacht worden ist und sich wirklich im Land noch etwas bewegt hat, weil Menschen wie Khol noch gewußt haben, was es heißt, in der Minderheit zu sein.

Meine Damen und Herren! Die Wette, Herr Kollege Schieder, nehme ich an. Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist mit Punkt und Beistrich in Ordnung. Kein Problem! Ich sage, das ist ein guter Vorschlag. Ich bin, glaube ich, dreimal bei diesen Geschäftsordnungskomitees dabei gesessen – diesmal allerdings nicht, da hat es kein Komitee gegeben. Es ist auch nicht notwendig, denn ihr habt ohnehin die Zweidrittelmehrheit. Wozu braucht ihr uns?!

Herr Kollege Kier hat hier angeführt, daß Sie gezwungen worden sind, eine erste Lesung zu machen und es nicht so durchzuziehen. Meine Damen und Herren! Sie wollten doch gestern die erste Lesung machen und heute schon die zweite. Sie wollten keine Geschäftsordnungsreform, über die diskutiert wird. Das, was Sie vorgeschlagen haben, ist für sich genommen ein seriöser und ordentlicher Vorschlag.

Meine Damen und Herren! Voriges Jahr – Herr Kollege Khol, um beim Zynismus zu bleiben – haben Sie unter dem Druck der Presse, auch unter dem Druck der ausländischen Presse, darüber nachgedacht, ob man nicht doch das Quorum für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ändern könnte – etwas, was Herr Neisser noch in der Opposition gefordert hat, etwas, was Herr Präsident Fischer in der Opposition gefordert hat. Jetzt sitzen Sie alle satt in der Regierung. Jetzt fordern Sie das nicht mehr. Jetzt sind Sie schon stolz, wenn Sie Vertreter von Volksbegehren hier auch reden lassen, wenn Sie Öffentlichkeit zulassen.

Herr Kollege Schieder! Ich bin damit einverstanden. Aber bitte übertreiben Sie nicht mit Ihrem Stolz! Eine substantielle Änderung in diesem Haus wäre, daß die Kontrolle ein Recht der Minderheit ist. Natürlich wird auch dieses Recht möglicherweise überzogen, mißbraucht werden oder wird sonstiges mit ihm passieren. Aber, bitte, wir haben in diesem Land auch eine Kontrolle durch Medien, durch Öffentlichkeit! Ich erwarte mir von kritischen Journalisten, daß, wenn die Oppositionellen ein Instrument mißbrauchen, diese dafür in der Öffentlichkeit kritisiert werden und daß dadurch ein Korrektiv entsteht.

Selbstverständlich kann in allen Bereichen Mißbrauch passieren. Die Demokratie ist im Grund genommen der große Versuch, zuzulassen, daß das Volk hier seine Meinung zum Ausdruck bringt mit Hilfe von Volksvertretern, die manchmal dumm, manchmal gescheit sind, manchmal gut informiert, manchmal schlecht informiert sind. Da passieren Fehler und Mißbräuche. Aber das ist ja der Sinn, das ist das große Wagnis der Demokratie. Dafür gibt es Korrektur. Dafür gibt es freie Medien. Sie verkaufen das aber heute hier wieder als großen Versuch: Wir werden ja sehen, was die Opposition dazu sagt!

Herr Abgeordneter Schieder! Sie wissen das ebensogut wie ich, denn Sie sind oft genug in Geschäftsordnungskomitees gesessen, Sie sind ein alter, erfahrener Parlamentarier, Sie wissen genau, wie viele Geschäftsordnungsdetails wir gemeinsam getragen haben. Wir haben gesagt, das ist eine Verbesserung. Aber für das, was ein Herzstück wäre, nämlich die Kontrolle der Regierung durch die Minderheit, haben Sie nur ein offenes Ohr und Verständnis, wenn Sie selber in der Opposition sind.

Meine Damen und Herren! Ich halte die Auswüchse in den USA, daß man den Präsidenten bis ins Hosentürl nachkontrolliert, für ein Kabarett, für ein fürchterliches Debakel der Demokratie!


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