Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 32

Mein sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Sie haben vorhin gesagt, daß es angenehm gewesen wäre, Bergbauminister zu sein, weil es keine Unfälle mehr gegeben hätte. Dem ist nicht ganz so, denn umgerechnet auf die Kennzahl Unfälle pro verfahrene Arbeitsstunden ist die Entwicklung in den letzten Jahren seit 1990 nicht zum Positiven. Im Gegenteil, es ist eine schwankende Anzahl von Unfällen auf einem relativ hohen Niveau festzustellen. Und was die Entwicklung des Grubenrettungswesens betrifft, so ist diese eine sehr, sehr traurige. Verglichen mit dem Jahre 1970, als es noch 437 aktive Grubenwehrleute gab, waren es im Jahre 1994 nur mehr wenige, nämlich 72, und diese Zahl ist weiter gesunken. Und wenn man in das Österreichische Montanhandbuch hineinschaut, dann stellt man fest: Ganze 17 Zeilen beschäftigen sich mit der Sicherheit im Bergwesen, hingegen 7 Seiten mit den Ehrungen.

Sehr geehrter Minister! Da stimmen die Proportionen und die Relationen sicher nicht, aber Sie haben es mit der Information des Parlaments noch nie so ganz exakt gehalten. Aber es wird bei der morgen stattfindenden Debatte über Lassing noch Gelegenheit sein, darauf zurückzukommen.

Herr Klubobmann Khol hat eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen, als er sagte, das Parlament habe versagt, und er hat damit einen Schuldigen quasi aus dem Hut gezaubert. Aber er wird doch nicht im Ernst annehmen, daß jemand von uns oder daß jemand in der Bevölkerung, der halbwegs über den Parlamentarismus, über die Vorgangsweise im Parlament Bescheid weiß, glauben wird, daß gegen den Willen der Regierungsfraktionen irgendein Entwurf in einem Ausschuß zur Vorlage gelangen und womöglich sogar zum Beschluß führen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir kennen das aus Beispielen einer Fülle von Vorlagen der Opposition, die in den Schubladen verschwinden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tragödie von Lassing hat viele Dimensionen. Da ist einerseits die technische Dimension, wo die Fragen zu klären sind: Ist die geologische Situation richtig beurteilt worden? Sind die Vorbereitungsarbeiten und die Gewinnungstechnologien richtig gewählt worden? Es gibt anderseits die verwaltungsrechtliche Dimension, wo zu klären ist: Wie ist mit den behördlichen Auflagen umgegangen worden? Wie weit werden überhaupt Vorgänge im nachhinein genehmigt und für gut geheißen? Und es gibt die politische Dimension, und diesbezüglich zitiere ich aus einem Vortrag an den Ministerrat vom 30.10.1996, als es darum gegangen ist, ein Krisenmanagement einzurichten, als es darum gegangen ist – zwar aufgrund einer anderen Katastrophe –, Notkompetenzen festzulegen. Da wurde des langen und breiten aufgezählt, welche Kriterien überhaupt zutreffen müssen, damit man ein Ereignis als Katastrophe einstufen kann. Und diese Kriterien treffen eindeutig auf die Katastrophe von Lassing zu.

Was hätte dann geschehen sollen laut diesem Ministerratsbeschluß? – Es hätte (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schlußsatz, Herr Präsident – ein Krisenmanagement eingerichtet werden müssen, und zwar unter Einbeziehung der Länder, unter Einbeziehung der Sozialpartner, unter Einbeziehung der Medien, wie es da drinnen steht. Und verantwortlich dafür ist der Bundeskanzler. Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegt das wahre Versagen dieser Regierung, nämlich an der Spitze, beim Bundeskanzler. Und diese Verantwortung fordere ich ein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

11.17

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann mir schon vorstellen, daß von den Hinterbliebenen der Opfer eine politische Debatte über diese Katastrophe oftmals als zynisch empfunden wird. Und es ist daher sehr schwierig, sie zu führen; das ist wahr. Ich halte es aber für den Gipfel des Zynismus, wenn man das Unglück dieser Menschen als Schutzschild vor politische Verantwortung, vor rechtliche Verantwortung halten möchte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Ich halte das vor allem im Zusammenhang damit, von wem es kommt und wie es kommt, für zynisch. (Abg. Dr. Fekter: Politisches Kleingeld!) – Frau Kollegin, das ist überhaupt das Allerletzte, wenn Sie dauernd von politischem Kleingeld reden, wenn jemand politische Verantwortung einmahnt.


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