Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 111

wird? – Das können wir doch als Österreicher, als Österreichisches Parlament, nicht zulassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Nowotny hat gesagt: Überlegen Sie doch, was vorher gewesen ist! – Herr Kollege Nowotny! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das ist Ihr Problem: Sie unterscheiden immer bei den Opfern. Für Sie gibt es gute Opfer und böse Opfer, für Sie gibt es schuldige Opfer und unschuldige Opfer. Das ist das, was wir Ihnen auch vorwerfen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Für uns gibt es keine guten und bösen Opfer, sondern nur Recht und Unrecht; und überall, wo Unrecht passiert ist, wo Verbrechen passiert sind, wo menschenrechtswidriges Verhalten passiert ist, haben wir die Verantwortung, das aufzuzeigen. Das gilt für alle Bereiche – egal wann und wo es passiert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren – weil wir jetzt wieder so viel über die Aufarbeitung des Unrechts, auch der Opfer des Nationalsozialismus, diskutieren und Sie sich immer wieder hinter Kommissionen verstecken, die sie selbst initiiert haben –, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jörg Haider, Herbert Scheibner und Kollegen betreffend die restlose Aufklärung der Bereicherung von SPÖ und ÖVP zu Lasten der NS-Opfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich die erforderlichen Veranlassungen zur Einsetzung einer wirklich von den österreichischen Parteien unabhängigen, mit internationalen Experten besetzten Historikerkommission zur Aufarbeitung der im Zusammenhang mit dem Schicksal und dem Vermögen der NS-Opfer festzustellenden Versäumnisse der Nachkriegszeit und insbesondere der Rolle der österreichischen Bundesregierung und der damaligen Koalitionsparteien zu treffen.

Dabei ist es unverzichtbar, daß die Funktion des Vorsitzenden der Kommission international ausgeschrieben wird und alle Mitglieder der Kommission im Einvernehmen mit den Organisationen der NS-Opfer und deren Nachkommen bestellt werden.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Scheibner! Darf ich Sie eine Sekunde zu mir bitten!

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dietachmayr. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.37

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Niemand in diesem Haus hat es notwendig, sich von der FPÖ sagen zu lassen, was Recht und was Unrecht ist. Das wissen wir alle sehr genau, und es ist, so glaube ich, überhaupt keine Frage, daß die Vertreibung von über 3 Millionen Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg – auch wenn mehr als fünf Jahrzehnte vergangen sind – noch längst nicht Geschichte ist. Sie ist nach wie vor spürbare Gegenwart!

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden aus der damaligen Tschechoslowakei rund 3,5 Millionen Deutsche vertrieben. Im Zuge dessen wurden über 241 000 Menschen getötet oder sind an den Strapazen der Vertreibung gestorben. Das Unrecht, das diesen Menschen zugefügt wurde, ist nicht entschuldbar; das wissen wir alle, das wird auch von niemandem bestritten, auch wenn es noch so lautstark immer wiederholt wird.


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