Meine Damen und Herren! Wir haben mit dieser Vorlage die Möglichkeit, einen ganz neuen Volksgruppenschutz zu schaffen, vor allem auch unter Berücksichtigung der Subsidiarität. Man muß grundsätzlich davon ausgehen, daß sich Menschen selbst verwalten sollen, selbst bestimmen sollen – das ist auch für das Liberale Forum ein ganz wichtiges Anliegen –, daß sie die Probleme, die sie selbst zu lösen in der Lage sind, auch selbst lösen sollen. Die Politik hat die Aufgabe, den Rahmen dafür zu bestimmen. Deshalb brauchen die österreichischen Volksgruppen eine Selbstverwaltung, auch für ihr Weiterbestehen. Aber dafür bedarf es eines klaren verfassungsmäßigen Schutzes, eines kollektiven genauso wie eines individuellen, und es bedarf vor allem auch der nötigen Förderung.
Ich verstehe unter Förderung bewußt nicht nur finanzielle Mittel, die natürlich auch notwendig sind, sondern ich verstehe darunter Förderung vor allem in der Hinsicht, daß wir die rechtlichen Rahmenbedingungen so schaffen, daß Volksgruppen zu ihren Rechten gelangen können. Das halte ich für wichtig.
Im Zusammenhang mit Volksgruppenauseinandersetzungen erleben wir es ja sehr häufig, daß die Frage der Legitimation von Volksgruppenvertretern gestellt wird. Da stelle ich mich auf den sehr einfachen und klaren Standpunkt, daß diese Frage voll berechtigt ist. Das heißt, ich bin nicht der Auffassung, daß man auch bei jedem, der sich als Volksgruppenvertreter geriert, die Legitimitätsfrage stellen darf.
Da vertrete ich zumindest mit einem großen Teil der Volksgruppen den Standpunkt, daß wir auch in dem Bereich über Wahlen zu Legitimationen kommen müssen. Das heißt, es sind die Voraussetzungen für eine Wahlbeteiligung zu schaffen. Wir müssen den Volksgruppen die Angst nehmen, sich an Wahlen zu beteiligen, damit sie ihre Vertreter wählen können, damit wir starke Partner haben. Damit sind wir wieder bei den Grundlagen unserer Demokratie angelangt: Wir brauchen die partnerschaftliche Demokratie bis in das letzte Dorf, bis in die weitab liegende Gemeinde. Wir müssen dem Bürger das Gefühl geben, daß er ein Teil der Demokratie ist. Auch die Volksgruppen in Österreich wollen ein Teil dieser österreichischen Demokratie sein! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)
Im Zusammenhang damit verstehen wir die Bestimmung, die vor allem im letzten Absatz unseres Antrages enthalten ist, als ganz wesentlich. Es geht, wenn man das mit einem Terminus technicus sagen darf, um die Frage des Verbandsklagsrechts, also darum, daß man nicht nur wegen seiner eigenen persönlichen Rechte, sondern auch für die Gruppe, auch für die anderen vorstellig werden darf. Es wird als erster Schritt den Volksgruppenorganisationen das Recht einzuräumen sein, sich auch mit verfassungsmäßigem Recht um Anliegen der Volksgruppen, aber auch um Anliegen der einzelnen Volksgruppenangehörigen zu kümmern.
Es geht genau um diese Schlüsselbefugnis, daß man rechtlich in der Lage ist, nicht nur dann, wenn man selbst unmittelbar betroffen ist, Rechte durchzusetzen, sondern auch die Möglichkeit besteht, daß eine Organisation, ein Verband auftritt und sagt: Ich werde für uns, für dich, diese Rechte durchsetzen! Das ist bei Individualrechten wichtig. Aber es ist bei allen jenen Rechten noch wesentlich wichtiger, die die Gruppe als solche zum Überleben braucht.
Meine Damen und Herren! In diesem Sinne wird es mich sehr freuen, die Diskussion im Ausschuß zu erleben. Ich gehe wohl davon aus, daß Sie diesen großen Schritt mit mir gehen wollen – von der Freiheitlichen Partei über die ÖVP bis hin zu den Sozialdemokraten. Die Grünen sind ja schon bei dem gemeinsamen Antrag mit dabei. Ich glaube, daß wir diesen Schritt gemeinsam gehen können.
Ich danke in diesem Zusammenhang ganz speziell Herrn Präsidenten Neisser dafür, daß er sich bereits bei der Erstvorstellung dieses Antrages mit uns gemeinsam vor die Presse gestellt hat und auch gesagt hat: Zumindest dieses eine Grundrecht könnten wir verwirklichen, wenn wir schon den großen Grundrechts-Katalog nicht zustande bringen!
Ich danke auch für einige sehr positive Äußerungen des Volksgruppensprechers Posch von der SPÖ, der ebenfalls Ermutigendes gesagt hat. Lassen wir uns bitte nicht von den Angstmachern und Angsthabenden immer wieder soufflieren, sondern machen wir einen mutigen Schritt!