Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 39

Zukunftsweisend ist der zwingend vorgeschriebene Bildungsausschuß in der Österreichischen Ärztekammer für die ärztliche Aus- und Fortbildung. In kurzer Zeit beginnen wir mit Prüfungen für Allgemeinärzte und Fachärzte.

Zur umstrittenen Anzeigepflicht: Während meines Studiums hat man weder in Kinderheilkunde, Gynäkologie, Psychiatrie oder Gerichtsmedizin über sexuellen Mißbrauch oder Gewalt an Kindern je gehört oder gelernt. Das was ein absolutes Tabu. Veranstaltungen 1994 und 1995 in Wien waren mäßig besucht beziehungsweise scheiterten an mangelndem Interesse.

Bei der diagnostischen Unsicherheit und zum Wohle und Schutz der Familien ist es wesentlich zielführender, die Jugendwohlfahrt zu benachrichtigen, als aus Angst, Unschuldige zu denunzieren, nichts zu unternehmen. Die Anzeigemöglichkeit ist den Ärzten nie genommen worden. Sie haben die Möglichkeit, sie haben nur nicht mehr die unabdingbare Verpflichtung. Bei Behinderten oder Dementen ist der Verdacht auf Vernachlässigung oder Mißhandlung dem Pflegschaftsgericht zu melden.

Die Funktionsperiode der Ärztekammer endet mit Jahresfrist, die Reform des Wohlfahrtsfonds erfolgt aus Gründen der Rechtssicherheit daher zu einem späteren Zeitpunkt. Ich bin überzeugt davon, daß dies mit den bewährten Teams in kurzer Zeit gelingt.

Oppositionspolitiker lehnen dieses Gesetz ab, da sie stets gegen alles sein müssen, was in einer Regierungsvorlage enthalten ist. Ich habe Ihnen aber hier aufgezeigt, wieviel Positives und wieviel Neuerungen dieses Gesetz bringt. Ich bekenne mich zu diesem Gesetz, das wesentliche Verbesserungen enthält, die ich Ihnen jetzt nur bruchstückweise, ansatzweise dargelegt habe.

Ich danke noch einmal allen, die an dieser Regierungsvorlage vorbildlich mitgewirkt haben, und bin sehr froh, daß wir heute endlich die von sehr vielen Ärzten erwünschte und ersehnte und sehr notwendige Ärztereform, das Ärztegesetz 1998, beschließen werden! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

10.28

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das Ärztegesetz ist wahrlich ein Anliegen der Ärzteschaft gewesen. Nur bleibt es in vielerlei Hinsicht eigentlich mit vielen Begehrlichkeiten, die artikuliert worden sind, im Hintertreffen.

Das erste ist die Pflichtmitgliedschaft. Die Pflichtmitgliedschaft ist in mancherlei Hinsicht notwendig. Es ist notwendig, daß in einer Berufsgruppe ein Disziplinierungsinstrumentarium geschaffen wird, das anwendbar und lebbar ist. Es ist notwendig, daß eine Ärzteliste zu führen ist, in der man, wenn man den Beruf ausübt, registriert sein muß. Es ist wichtig, daß es eine Organisation gibt, die Stellungnahmen zu neuen Gesetzen abgibt, die diese Ärztegruppe betreffen, und diese sozusagen ausformuliert.

Aber es ist nicht wichtig, daß Wirtschaftsunternehmungen beziehungsweise Wirtschaftseinrichtungen, so wie dies im § 66 vorgesehen ist, betrieben werden. Es ist nicht notwendig, daß Parkgaragen betrieben werden. Es ist nicht notwendig, daß eine Münzsammlung akkumuliert worden ist. Es ist nicht notwendig, daß Hotelbeteiligungen getätigt werden. Es ist nicht notwendig, sich an Immobilienspekulationen zu beteiligen. – All das ist für mich etwas, was die Kammer nicht tun sollte! Die Kammer hat die Aufgabe, ein sehr schlanker Apparat zu sein, um die auf sie zugespitzten Aufgaben zu erledigen, aber nicht, eine Krake zu sein, die sich ununterbrochen ausweitet. (Beifall bei dem Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wir werden in Hinkunft möglicherweise sogar Börsenspekulanten in New York und in Tokio einsetzen, weil die Lukrierung von Mitteln für diese Berufsgruppe bei einem erhöhten Risiko wesentlich schneller und besser möglich ist, als wenn man auf die üblichen Spekulationen mit


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