gebrechliche Patienten zugänglich zu sein haben. Wahrscheinlich und hoffentlich ist jeder Arzt so kundenorientiert, daß er auch auf diese Kleingruppe Rücksicht nimmt. Es wäre aber auch ein Zeichen für die Humanisierung des Gesetzes gewesen, wenn man das von vornherein miteinbezogen hätte.
Der vierte Kritikpunkt betrifft die Tatsache, daß die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen im Ärztegesetz nicht explizit formuliert, sondern nur indirekt angedeutet wird. Dieses Gesetz nennt sich Ärztegesetz und ist sehr, sehr ärzteorientiert. Damit hat man aber die Chance versäumt, sozusagen den Netzcharakter einer Gesundheitspolitik auch in diesem Gesetz auszudrücken. Es wäre möglich gewesen, eine bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit in diesem Gesetz festzuschreiben.
Nächster Kritikpunkt: Es gibt keine Regelung hinsichtlich der Gruppenpraxen.
Weiters ist nicht gewährleistet, daß Turnusärzte in ihrer Ausbildungszeit von einem verantwortlichen Facharzt begleitet werden. Viele Turnusärzte hängen praktisch wieder in der Luft, sind oft auf sich selbst gestellt und müssen mit dem theoretischen Wissen der Universitätsausbildung sofort in der Praxis am Krankenbett auf sich allein gestellt agieren. Sie tragen dann eine hohe Verantwortung und haben praktisch niemanden außer der Nachtschwester, der ihnen mit Rat und Tat aus der Praxis zur Seite stehen kann. – Sie hätten hier praxisorientierter und vor allem mehr an den Interessen der Jungkollegen orientiert entscheiden können.
Ein zweiter Aspekt im Hinblick auf die Jungkollegenorientiertheit ist sicherlich noch die Teilzeitbeschäftigung. Für Turnusärzte ist sie nur gewährleistet, wenn die Pflege eines Kindes notwendig ist. Aus anderen Gründen darf ein Turnusarzt nicht auf Teilzeit gehen. Wir finden das unsozial und vor allem auch nicht familiengerecht, gerade von seiten einer Fraktion, die immer wieder die Familie in den Mittelpunkt stellt. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)
Weiters fehlt uns die Berücksichtigung der Geriatrie bei der praktischen Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen. Damit komme ich gleich noch zu einem weiteren Defizit dieses Gesetzes: Es verwendet ausschließlich die männlichen Berufsbezeichnungen. Es gibt aber schon einen großen Anteil an Ärztinnen, die jedoch in der Terminologie dieses Gesetzes gar nicht aufscheinen. Das sollte am Ende des ausgehenden zweiten Jahrtausends nicht mehr vorkommen! Das Ärztegesetz muß auch geschlechtsspezifisch zukunftsorientiert sein und sollte zumindest registrieren, daß es auch Ärztinnen gibt.
Zurück zur Geriatrie: Dieser Ausbildungsbereich sollte auch in den Akutspitälern verankert sein, weil sich die Tätigkeit vieler Jungärzte später auf die Betreuung der alten Leute konzentrieren wird. Da fehlt uns eine entsprechende Schwerpunktsetzung.
Das gilt genauso für die Berücksichtigung des Bereichs der Ganzheitmedizin. Da fehlt die Integration komplementärmedizinischer Methoden.
Das Gesetz stellt sicherlich einen gewissen Fortschritt dar, insgesamt ist es aber sehr kammerlastig und weist doch sehr wesentliche Kritikpunkte auf, über die wir nicht hinweggehen können. Deshalb gestatten Sie mir einen Abänderungsantrag, den ich hiermit einbringen möchte:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und FreundInnen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG1998) erlassen und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz geändert wird (1386 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes 1400 der Beilagen
Der Nationalrat wolle beschließen: