Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 63

Ich brauche das nicht mehr lange zu erläutern, denn Kollegin Povysil und Kollege Pumberger haben es bereits ausgeführt. Die Regierungsvorlage sieht vor, daß sogar bei schwerer Körperverletzung eine Anzeigepflicht entfallen kann, nämlich dann, wenn dadurch eine therapeutische Tätigkeit beim Täter oder beim Opfer – das ist in der Regierungsvorlage nicht ganz klar erkennbar – beeinträchtigt werden könnte.

Unser Abänderungsantrag geht auf die bisherige Formulierung des § 27 Ärztegesetz 1984 zurück, und zwar mit der Ergänzung um die Anzeigepflicht bei sexuellem Kindesmißbrauch beziehungsweise Mißbrauch von Unmündigen und Wehrlosen. Die in der Regierungsvorlage neu eingeführte Anzeigepflicht bei schwerer Körperverletzung infolge ärztlicher Kunstfehler bleibt erhalten und wird logischerweise auf den Tod des Patienten ausgeweitet.

Frau Bundesminister! Im Gesundheitsausschuß haben wir uns Ihre Argumente und vor allem auch jene Ihrer Mitarbeiter sehr genau angehört. Für uns Freiheitliche war es aber eine Frage der Güterabwägung. Was ist wichtiger: der Schutz der Kinder und der Jugendlichen, der unserer Meinung nach nur durch die Anzeigepflicht gewährleistet werden kann, oder eine weitere Liberalisierung des Ärztegesetzes? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das höherwertige Gut ist für uns in jedem Fall der Schutz der Kinder und der Jugendlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann soeben vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Steibl. Frau Abgeordnete. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.02

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Und viele Frauen aus meinem Wahlkreis begrüße ich auf der Galerie! (Zwischenrufe bei der SPÖ, bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.) Ich nehme mir das heraus, nachdem Frau Kollegin Povysil hier vor kurzem eine Gruppe von Jugendlichen begrüßt hat.

Vorweg möchte ich feststellen, daß auch für die ÖVP an erster Stelle der Opferschutz und der Schutz wehrloser Kinder steht und wir in dieser Richtung schon sehr viel getan haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Feststellen möchte ich auch, daß Kollegin Povysil, Herr Salzl und Herr Kurzmann anscheinend die Vorlage nicht genau gelesen haben. Es steht sehr wohl drinnen – wenn es um den Punkt geht: Anzeigepflicht der Ärzte abschaffen: ja oder nein? –, daß die Ärzte verpflichtet sind, Körperverletzung an die Jugendwohlfahrt zu melden. Wir haben das im Jahre 1994 für die Jugendwohlfahrt novelliert.

Ich möchte Ihnen eingangs auch erklären, warum wir das getan haben und warum auch die Volkspartei in dieser Richtung mitgeht. Wenn ein Minderjähriger mißhandelt oder sexuell mißbraucht wird, so muß der Arzt das sehr wohl der Behörde melden. Das ist nämlich auch unter dem therapeutischen Gesichtspunkt zu sehen. Therapeutische Tätigkeit einzuschränken, wäre gerade in Zeiten wie diesen nicht klug. Es würde eher zu einer Beeinträchtigung führen und die gewünschte Wirkung nicht erzielen.

Weiters soll mit dieser Novellierung auch vorgesehen werden, daß einmalige Gewalthandlungen nicht sofort strafrechtlich verfolgt werden, um zusammen mit dem Kind und mit dem betroffenen Umfeld Lösungen zu erzielen. Eine sofortige Meldung wäre kontraproduktiv.

Vor allem bei Gewaltdelikten an Kindern und Jugendlichen hat sich – wie ich schon erwähnt habe – die Anzeigepflicht nicht immer als produktiv und schon gar nicht als hilfreich erwiesen.


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