Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 86

Erstens: Es gibt ein Kontrollversagen der Bergbehörden. – Das ist unbestritten.

Zweitens: Es gibt eine Aufsichtspflichtverletzung des Herrn Bundesministers Farnleitner gegenüber den Bergbehörden, bei dem es um die Kontrolle der einzelnen Bergwerke gegangen ist.

Drittens: Es fällt in die Verantwortung des Herrn Bundesministers Farnleitner, daß auf der Ebene der Berghauptmannschaften keine Geologen tätig sind. Und eines ist mittlerweile klar: Das Unglück in Lassing wurde natürlich durch den Abbau verursacht. Das ist überhaupt keine Frage. Hätte es dort keinen Abbau gegeben, hätte nichts einstürzen können. Aber der eigentliche Grund war vor allem die geologisch falsche Einschätzung der Situation. Das wissen Sie! Und daher ist es ein strukturelles Versäumnis, daß auf der Ebene der Berghauptmannschaften keine Geologen vorhanden sind. Diese gibt es nur in der Obersten Bergbehörde, im Ministerium. Aber dort war man zum kritischen Zeitpunkt woanders; man hat offenbar über Reisediäten geredet, aber nicht über die Kontrolle der Bergwerke. – Das ist seine politische Verantwortung! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt den Vorhalt, erhoben vom stellvertretenden Leiter der Berghauptmannschaft in Leoben, daß es die Kürzungen der finanziellen Mittelzuteilungen innerhalb des Ministeriums waren, welche die Kontrollaufgaben nicht dem Gesetz gemäß wahrnehmbar gemacht haben. Das ist doch wohl ein strukturelles Versäumnis, das dem Herrn Bundesminister Farnleitner zuzurechnen ist und niemandem anderen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Gleichzeitig reden Sie von Verschwendung in der öffentlichen Verwaltung!)

Meine Damen und Herren! Ich rede überhaupt nicht davon, daß es immer wieder Halbwahrheiten und Falschheiten in der öffentlichen Kommunikation, ausgehend von Herrn Bundesminister Farnleitner, gegeben hat und daß dies wohl ebenfalls zu dessen politischer Verantwortung zu zählen ist. (Abg. Mag. Kukacka: Permanente Unterstellungen!) Nein, hier wird überhaupt nichts unterstellt. Wahr ist, daß Herr Bundesminister Farnleitner nicht nur das Berggesetz nicht vollzogen hat, so wie es dem Sinn und Zweck des Berggesetzes entspricht, sondern dann auch noch das Rechtsstaatlichkeitsprinzip durch das Opportunitätsprinzip ersetzt hat.

Als die Wellen der Empörung über das Unglück in Lassing so hochgeschwappt sind, daß die Kritik am Berggesetz auch hörbar geworden ist und nicht mehr nur hier im Hohen Haus anläßlich der Novellen zum Berggesetz diskutiert und von der Opposition vorgetragen worden ist, hat er sich gleich dahin geflüchtet, eine gesetzwidrige Weisung zu geben. Das wissen Sie, und das liegt mittlerweile auf dem Tisch. Auch in der "Pressestunde" hat der Herr Minister schon zugeben müssen, daß das eine "problematische Weisung" war. Hier im Hohen Haus hat er noch erklärt, er hätte diese Weisung vor Zeugen gegeben. Wir werden sehr neugierig sein, wie das dann zu beurteilen ist.

Meine Damen und Herren! Das fällt nicht nur in den Bereich der politischen Verantwortung, das ist auch eine schuldhafte Gesetzesverletzung durch den Herrn Bundesminister. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Und schuldhafte Gesetzesverletzungen werden in dieser Republik – lesen Sie nach in Artikel 76 und in Artikel 142 B-VG! – immer noch anders geahndet, als Sie hier das offenbar wollen. Denn Sie wollen zudecken und nicht darüber reden. Aber das werden wir mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu verhindern wissen! Das sage ich Ihnen heute schon. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Was Sie betreiben, sind Menschenrechtsverletzungen!) – Ich betreibe keine Menschenrechtsverletzung.

Ich komme zur nächsten Dimension, die neu hinzugekommen ist, und das ist die rechtliche Verantwortung des Herr Bundesministers Farnleitner. Diesbezüglich kann ich Herrn Abgeordnetem Grollitsch nur sagen, er möge sich auch einmal § 205 und § 206 des Berggesetzes anschauen. Er soll das Berggesetz nicht nur mit sich herumtragen, sondern er soll es auch lesen, und zwar nicht nur die ersten Paragraphen, sondern auch die hinteren. Dann wird er


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