Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 102

Wissen konnten sie dort wohl kaum schöpfen. Alles, was die staatsanwaltschaftlichen Organe an Wissen geschöpft haben, war vorher schon vorhanden, sicher auch bei der Bergbehörde. Nur der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten war von diesem Wissen völlig frei, so sagt er uns. Ich sage von diesem Pult aus: Es mag schon sein, daß er es in der Stunde der Not nicht sofort gewußt hat, aber er hätte es gleich darauf wissen können und auch wissen müssen, wenn er sich seines Amtes besonnen hätte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Er hätte fragen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bergleute, die der Staatsanwaltschaft alles ausgefolgt haben, obwohl es nicht lustig ist, den Staatsanwälten etwas zu übergeben, ausgerechnet ihrem obersten Chef, dem Ressortführer für Bergangelegenheiten, diese Informationen verheimlicht hätten. Aber er hat offenbar nicht gefragt, oder er hat gefragt und hier die Unwahrheit gesagt. Er kann es sich aussuchen: Entweder er war pflichtwidrig säumig, sich zu informieren, oder er hat sich informiert und uns seinen Informationsstand verschwiegen beziehungsweise ihn falsch wiedergegeben. Das ist dringend untersuchungsbedürftig.

Daher stelle ich jetzt ein paar Fragen, von denen ich hoffe, daß sie in der passenden Reihenfolge von den beiden Herren Bundesministern auf der Regierungsbank noch heute beantwortet werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Dadurch, daß sich Fragen aufdrängen, wollten wir auch, daß der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Haus ist, sodaß wir nicht hinter seinem Rücken diskutieren müssen. Das ist kein Untersuchungsausschuß, das ist auch kein Gericht, das ist Wissensgewinnung. Herr Kollege Lukesch! Sie als Wissenschaftler müßten sich den Wissensgewinnen durchaus verpflichtet fühlen. (Abg. Dr. Lukesch: Warum greifen Sie mich an?)

Frage 1 lautet: Seit wann, Herr Bundesminister Michalek, und aufgrund welcher Motive haben Sie dieses Verfahren berichtspflichtig gemacht in Ihrem Haus? Es ist ja nicht so, daß jedes Verfahren, das nach § 177 StGB läuft, automatisch berichtspflichtig ist. Was hat Sie also dazu bewogen, und wann wurde diese Berichtspflicht verfügt?

Seit wann – datumsmäßig möglichst genau abgegrenzt – hat die Strafverfolgungsbehörde von dem sogenannten Schwarzabbau oder von den illegalen Bauwerken Kenntnis gehabt?

Warum – das ist jetzt die Frage an den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten – haben Sie aus dem Erstentwurf Ihres mündlichen, schriftlich vorgelegten Ministerratsberichtes vom 23. August 1998 im Kapitel "Hauptkritikpunkte der Evaluierungsgruppe" den Satzteil "Beeinträchtigung der Einsatzmannschaft durch die Kriminalpolizei/Staatsanwaltschaft" gestrichen, sodaß er sich im endgültigen mündlichen, schriftlich vorgelegten Bericht an den Ministerrat nicht mehr findet? – War das Gesprächsgegenstand in der Ministerrats-Vorbesprechung? – Diese Frage stelle ich an beide Herren. Hat Sie, Herr Bundesminister Farnleitner, bei diesem klärenden Gespräch Bundesminister Michalek davon überzeugt, daß dieser Satz nicht stimmig ist? Welche Informationen haben Sie bei diesem Gespräch gewonnen? – Haben Sie bei diesem Gespräch vielleicht die Information gewonnen, daß sich die Staatsanwaltschaft voll informiert fühlt? Hat sie diese Informationen deshalb so rasch gewonnen, weil es trotz der kritischen Phase vor Ort keine Behinderung gab? – Unglück, Unsicherheit, was soll bei Bergungsmaßnahmen und so weiter geschehen?

Das ist für mich ein springender Punkt. Es ist mir völlig unplausibel, wieso im ersten Entwurf des Ministerratsvortrages des Wirtschaftsministers zuerst dieser Satz enthalten ist, im zweiten Entwurf, also im endgültigen Text, aber nicht. Dazwischen hat es offenbar eine Ministerrats-Vorbesprechung gegeben, bei der nicht über die Sache selbst gesprochen worden sein soll? – Das schließe ich aus! Daher bitte ich beide Regierungsmitglieder, sich dazu zu äußern.

Weiterer Punkt: Wenn tatsächlich das Wissen, Herr Bundesminister Farnleitner, nicht bei Ihnen war, so wie Sie behaupten, dann frage ich Sie: Wie war es ohne Kenntnis der Pläne, ohne Kenntnis der illegalen Abbauten, ohne Kenntnis der Situation in der Grube möglich, fachmännische Rettungsarbeiten einzuleiten? – Natürlich haben die Leute offensichtlich Kenntnis davon gehabt und es gewußt, sie haben es nur nicht so interpretiert! Ich verstehe schon, daß man, wenn man dort Einsatzleiter ist, sich nicht hinsetzt und den Leuten auch noch sagt: Na ja,


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