Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 105

Schlamm waren oder was immer, das weiß man noch nicht und wird man erst sehen. – Das sind alles natürliche Ursachen, die er hier aufzählt.

Und da sehe ich schon einen Widerspruch: Am 20. August gibt sich Minister Farnleitner hinsichtlich der tatsächlichen Ursachen, die zu diesem Unglück geführt haben, völlig ahnungslos. Sie, Herr Minister Michalek, schreiben aber, daß Sie bereits sehr rasch im Besitz der entsprechenden Unterlagen waren, die belegen, daß es zu dieser Überschreitung des Abbauhorizontes gekommen ist.

Dann stellen Sie von der ÖVP sich heraus – ganz egal, wer von Ihnen rausgeht, wann immer wir über dieses Thema diskutieren – und regen sich ganz fürchterlich darüber auf, daß wir als Opposition es wagen, unsere demokratischen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und Fragen zu stellen, die sich spätestens seit dem Unglück und im Laufe der Bergungsarbeiten und im Laufe der Arbeiten nach der Bergung ergeben haben, und daß wir es wagen zu verlangen, daß diese Fragen beantwortet werden sollen.

Sie stellen sich heraus – wie auch heute wieder – und sagen, selbsternannte Experten wollten das Ganze auf ein sogenanntes Experten- oder Expertinnenwesen zuspitzen. Dabei begreifen Sie überhaupt nicht, daß Sie offensichtlich nur mehr in einem völligen Reflex, in Abwehr, in völliger Panik agieren, weil Sie ständig, fast wöchentlich, von den Ereignissen eingeholt werden. Fast wöchentlich passiert etwas, was genau unsere Befürchtungen bestätigt, wodurch unsere Fragen berechtigt sind. Sie können nur mehr in einer buchstäblichen Abwehrhaltung vor Ihrem Minister stehen, weil Sie offensichtlich gar nicht wissen, was noch alles auf Sie zukommt und auf Sie hereinbricht. – Das ist die Realität, und deswegen gebärden Sie sich auch so eigenartig und fremdartig. (Beifall bei den Grünen.)

Madeleine Petrovic hat im August eine erste Pressekonferenz veranstaltet, in deren Rahmen sie eine Reihe von Fragen aufgelistet hat, die genau in diese Richtung gehen und die jetzt zum Teil von Minister Michalek beantwortet werden. Unsere Klubobfrau hat Anfang September eine Pressekonferenz gegeben und zum ersten Mal vorgelegt, daß es zu Schwarzabbauten gekommen ist, daß es zu Überschreitungen gekommen ist. Sie hat wieder alle Fragen aufgelistet, die es zu beantworten gilt. Was war Ihre Reaktion? – Anstatt zu sagen, das gehört überprüft, hat ein Gejaule und ein Geheule eingesetzt, welche Ungeheuerlichkeit es sei, daß wir es wagen, solche Fragen zu stellen. Das war Ihre Reaktion. Und zehn Tage später muß Ihr Minister im Fernsehen wie ein begossener Pudel zugeben, daß es tatsächlich zu diesen Schwarzabbauten gekommen ist, wovon er angeblich nichts gewußt hat.

Eines kann ich mir nicht vorstellen, nämlich daß ein Justizminister in einer Koalition, in der es vielleicht auch manchmal kriselt oder kracht, nicht einen Wirtschaftsminister davon verständigt und informiert, wenn er im Besitz von Unterlagen, von Beweisen ist, daß es zu diesen Schwarzabbauten gekommen ist. (Beifall bei den Grünen.) Es ist mir völlig unbegreiflich, wenn das passiert ist. Ich kann es mir nicht vorstellen. (Abg. Dr. Khol: Amtsgeheimnis!)

Was ich mir noch weniger vorstellen kann und für mich völlig unbegreiflich ist, ist Ihr eigenartiges Verständnis von politischer Verantwortung. Es ist absurd und kindisch von Ihnen, steirische Abgeordnetenkollegen, wenn Sie glauben, wir verlangen von dem Minister, daß er nachmißt. Aber es ist seine politische Verantwortung, das zu überprüfen, zu überprüfen, ob die Posten entsprechend besetzt sind, zu überprüfen, ob Gerüchte, die vom ersten Tag des Unfalls, des Unglücks an vor Ort entstanden sind, eine Berechtigung haben. Das ist seine verdammte Pflicht! Das ist es, was ich unter politischer Verantwortung verstehe! (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde es wirklich absurd und eine eigenartige Auffassung von Demokratie, nur dazusitzen und jene zu beschimpfen, die diese Fragen stellen.

Noch einmal zurück: Wenn Minister Michalek all das sehr rasch gewußt hat, dann bin ich überzeugt davon, daß es auch Wirtschaftsminister Farnleitner sehr rasch gewußt hat. Die Frage ist: Was hat er mit diesem Wissen gemacht? – Wenn ich die beste und harmloseste Variante für ihn annehme, dann sage ich, er war hoffnungslos überfordert – ganz offensichtlich hoffnungslos überfordert mit der Bürde, die ihm das Amt auferlegt. Wenn er dann noch bis zum Vorabend der


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