Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 111

15.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 5. Oktober wird – wie so oft im Jahr – ein Tag gefeiert, bei dem jemandem oder etwas besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden sollte. Der 5. Oktober wurde als Tag des Lehrers und der Lehrerin begangen, und die Frau Bundesministerin hat gemeinsam mit Herrn Staatsschulratspräsidenten Scholz ein Plakat verfaßt oder zumindest unterzeichnet, auf dem zu lesen ist: "95 Prozent aller Eltern sind mit der Schule zufrieden. IFES-Studie 98. Wir danken unseren Lehrerinnen und Lehrern." (Der Redner hält ein Plakat in die Höhe.)

Dieses Plakat, meine Damen und Herren, kontrastiert eigentümlich mit dem, was wir in der Anfrage zum Ausdruck bringen wollen. Es kontrastiert vor allem mit dem, Frau Bundesministerin, wodurch Sie sich als Ressortverantwortliche in den letzten Wochen und Monaten ausgezeichnet haben, nämlich durch doppeldeutige Botschaften, die auch einen gewissen Zynismus nicht verbergen können.

Frau Bundesministerin! Wenn etwa in der Zeitschrift "NEWS" von heute zu lesen ist, daß laut Schätzung des Unterrichtsministeriums mehr als 100 der bestbezahlten Lehrer auf mehr als 100 000 S an Monatsgage kommen, dann stelle ich die Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Was haben Sie dagegen unternommen? – Wenn in derselben Zeitschrift zu lesen ist, Frau Bundesministerin, daß einer Ihrer Amtsvorgänger, Herr Busek, sagte, gerade unter den Lehrern herrsche – Nachhilfeunterricht bis hin zu Jobs wie Fremdenführer – wahrscheinlich die höchste Nebenerwerbsquote aller Berufe, und dann detailliert aufgezählt wird, wozu Lehrer neben ihrer Berufstätigkeit offensichtlich imstande sind – einige Lehrer, so würde ich meinen –, dann frage ich Sie, Frau Bundesministerin: Was haben Sie in den letzten Jahren unternommen, damit diese Nebentätigkeiten, sofern sie tatsächlich geschehen – ich zweifle nicht daran, daß es einige dieser Exemplare geben wird –, tatsächlich unterbunden oder so reguliert werden, daß Lehrer – ich gehe davon aus, daß dieser Satz, den Sie hier schreiben, tatsächlich auf die überwiegende Zahl der Lehrer zutrifft – ihrer Haupttätigkeit nachkommen?

Für mich steht außer Streit, daß die meisten Lehrer tatsächlich versuchen, in der Schule das zu tun, wofür sie bezahlt werden, darüber hinaus aber auch Tätigkeiten in ausreichendem Ausmaß, in engagiertem Ausmaß betreiben, die mit Schule zu tun haben, die aber – das ist das Thema beziehungsweise einer der Punkte unserer Anfrage – von Ihnen in keiner Weise berücksichtigt werden. Sie schreiben etwa, Frau Bundesministerin – über die APA war diese Meldung zu hören –, daß Lehrer genauso wie jeder andere Österreicher 1 793 Stunden im Jahr zu arbeiten hätten, davon rund 700 in der Klasse, die restliche Zeit unterrichtsfrei, aber Dienstzeit sei, und da fielen vielleicht ein Projekttag, eine Konferenz, die Vor- und Nachbereitung hinein.

Wenn Sie das schreiben, Frau Bundesministerin, dann ist Ihnen offensichtlich nicht bewußt, daß Unterrichten nur ein Teil der Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen ist und daß die vielen zahlreichen anderen Tätigkeiten, die Lehrerinnen und Lehrer heute in einer Schule, die sich gewandelt hat, erbringen müssen, von dem, was die Lehrer derzeit in dieser Debatte um die Gehaltspolitik, um die Vorstellungen dazu bewegt, überhaupt nicht berührt sind.

Damit bin ich beim Thema, Frau Bundesministerin. Das, was Sie erreicht haben – da mache ich nicht nur Sie persönlich dafür verantwortlich –, das, was die Bundesregierung mit ihrer Bildungspolitik in den letzten Jahren erreicht hat, ist die Zerstörung eines Schulklimas, das nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer betrifft, sondern mindestens ebenso die Eltern und vor allem die Schülerinnen und Schüler. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so etwas wie ein Scherbenhaufen, vor dem wir jetzt angesichts dieser Debatte um die Gehaltspolitik stehen. Schülerinnen und Schüler haben – Gott sei Dank! – heute für eine bessere Bildungspolitik demonstriert. Eltern bringen sich ebenso in die Debatte ein – nicht nur bezüglich anderer Ferienordnungen, sondern selbstverständlich auch in die aktuelle Debatte – und bringen zur Kenntnis, daß es mit dieser Politik, mit dieser Bildungspolitik nicht so weitergehen kann, da die Belastungen für Eltern durch Nebengebühren – nicht nur durch die Gebühren im Rahmen der Schulbuchaktion, der Schulfreifahrten, sondern


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