Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 191

Zunächst zu den Ausführungen des Kollegen Dolinschek: Kollegin Reitsamer hat schon erklärt, daß wir mit dieser Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wieder eine Verbesserung für Frauen im Notstandshilfebereich in bestimmten Fällen bringen. Es werden nicht übertrieben viele Fälle sein, aber es ist notwendig und möglich, diese Verbesserung durchzuführen. Aber wie Sie darauf kommen, daß das primär Ausländerinnen begünstigt, ist wirklich unvorstellbar und völlig unrichtig!

Zu den Ausführungen des Kollegen Kier: Er hat befürchtet, daß einzelne Bestimmungen im Notstandshilfebereich verfassungswidrig sein könnten. Diese Befürchtungen teile ich keinesfalls, weil ich denke, daß die jetzige Regelung sozial verträglich und auch verfassungsmäßig in Ordnung ist. Wir hatten früher eine andere Regelung. Denn bis zu dem einschlägigen Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte haben wir die Notstandshilfe primär als Fürsorgeleistung gesehen. Übrigens hat diese Meinung damals auch der Verfassungsgerichtshof geteilt. Erst durch die Änderung in der Judikatur des Gerichtshofes für Menschenrechte mußten wir in diesem Bereich eine Umstellung vornehmen. Dabei haben wir eine neue, auch sozial verträgliche und mehr auf Versicherungscharakter ausgerichtete Regelung getroffen. Ich denke daher, daß diese Regelung halten wird.

Im übrigen haben wir im Sozialbereich in den letzten Jahren aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof keine einzige Änderung durch Verfassungsbestimmungen abgesichert – auch wenn das vielleicht manchmal bei der Budgetsanierung durchaus verlockend gewesen wäre. Aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof haben wir das nicht getan.

Das Wichtigste im Bereich der Notstandshilfe ist aber nicht nur, daß wir sozial gute Bestimmungen haben. Bei uns ist die Notstandshilfe – im Gegensatz zu anderen Staaten –, wenn sie zuerkannt wird, nach wie vor zeitlich nicht limitiert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das braucht aber nicht so toll zu sein!) Aber auch das genügt nicht. Denn das Wesentlichste ist, daß wir uns bemühen – und das geschieht vom Sozialministerium, vom Arbeitsmarktservice, mit unserer gesamten Wirtschaftspolitik –, daß wir danach trachten, daß Arbeitslose Beschäftigung finden. Gerade für Langzeitarbeitslose haben wir besondere Programme, die noch weiter auszuarbeiten sind.

Im Jahre 1996 haben wir durch eine Gesetzesänderung damit begonnen, daß Notstandshilfe auch so gegeben werden kann, daß der Arbeitslose, der Anspruch auf Notstandshilfe hat, diese als Lohnzuschuß bekommt und mit dem zusätzlichen Entgelt, das er eventuell von einer gemeinnützigen Einrichtung bekommt, zumindest ein kollektivvertragsmäßiges Einkommen erhält. Gleichzeitig hat er damit selbstverständlich wesentlich bessere Chancen, wieder einen Arbeitsplatz in der Wirtschaft zu finden. Dieser Bereich sollte noch weiter ausgebaut werden, wobei im Arbeitsmarktservice dieser gemeinwirtschaftliche Sektor ein eigenes Geschäftsfeld sein sollte.

Es geht auch darum, daß das Arbeitsmarktservice für diesen Bereich, in dem Geld aus der Notstandshilfe ohne zusätzliche Belastung des Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung steht, noch wesentlich mehr Aufgaben und Interessenten findet, beispielsweise bei den Gemeinden und so weiter. Es gibt eine ganze Menge an Arbeiten, die für die Allgemeinheit wichtig sind, für die aber den jeweiligen Organisationen das gesamte Geld fehlt. Doch mit der Notstandshilfe als Lohnzuschuß kann das umgesetzt werden.

Einer der Bereiche wäre beispielsweise jener, Österreich noch behindertengerechter zu machen, und zwar mit einer eigenen Firmen-Organisation. Auf diese Art könnten wir über Gemeinden und andere interessierte Beteiligte, die Geld haben, aber nicht soviel, daß sie tatsächlich Arbeitsplätze schaffen, zusammen mit der Notstandshilfe Arbeitslosigkeit vermeiden, neue Arbeitsplätze schaffen und damit wirklich einer gesellschaftlichen Aufgabe nachkommen, die respektiert – auch wenn es gesetzlich nicht festschreibbar ist –, daß jeder, der Arbeit will, auch das Recht auf Arbeit und nicht nur auf Notstandshilfe haben soll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.02


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