Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 192

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. Sie hat das Wort.

21.02

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! In Österreich gibt es eine Bevölkerungsgruppe, welche von Rot und Schwarz nicht zweit-, sondern drittklassig behandelt wird. Diese Menschen sind die Opfer einer völlig verfehlten Agrarpolitik geworden, und ihre Zahl wird täglich größer.

Man muß sich das vorstellen: In Österreich sind bereits zwei Drittel der Bauern im Nebenerwerb. Sie folgen den Empfehlungen des Agrarministers, sich ein zweites Standbein zu suchen, was eigentlich nichts anderes bedeutet, als daß sie doppelt arbeiten müssen, um einmal leben zu können. Sie haben einen Arbeitstag von zwölf bis 14 Stunden, weil sie sich einen Nebenerwerb suchen müssen und außer Haus einem Beruf nachgehen müssen, damit sie ihre Familie ernähren können.

Diese Bevölkerungsgruppe, diese Berufsgruppe zahlt selbstverständlich ihre Sozialversicherungsbeiträge ein wie alle anderen Arbeitnehmer; auch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Nur: Wenn diese Menschen dann arbeitslos werden, dann bekommen sie keine Arbeitslosenentschädigung, wenn sie einen Betrieb haben, der einen Einheitswert von 60 000 S hat. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Frau Kollegin Silhavy! Mit einem Einheitswert von 60 000 S kann in Österreich kein Bauer mehr leben, denn sonst würde er nicht in den Nebenerwerb gehen. Das ist wirklich unmöglich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Hums.)

Nein, Herr Kollege Hums! Es ist ein sozialpolitischer Skandal, wenn man eine Bevölkerungs- oder Berufsgruppe zwangsweise Beiträge einzahlen läßt und sie keinen Anspruch daraus erwerben. Wieso läßt man sie einzahlen, und dann bekommen sie nichts? – Das ist wirklich ein Skandal. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich möchte sonst nichts ... (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Herr Kollege Koppler! Ich möchte sonst nichts, als daß die Nebenerwerbsbauern den Häftlingen gleichgestellt werden. (Abg. Koppler: Dann fahren wir einmal miteinander!)

Man muß sich vorstellen, Kollege Koppler: Wenn heute in Österreich jemand straffällig wird, ins Gefängnis kommt und dort arbeitet, dann zahlt er selbstverständlich auch Arbeitslosenbeiträge und erwirbt mit seiner Arbeit im Gefängnis Anspruch auf Arbeitslosenentgelt. Nur mit den Bauern macht man das nicht, die Bauern behandelt man wirklich drittklassig! (Abg. Koppler: Fahren wir miteinander!) Entweder läßt man sie nicht einzahlen, oder aber wenn man sie einzahlen läßt, dann muß am Ende selbstverständlich ein Anspruch für sie stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund bringen wir Freiheitlichen jetzt bereits zum fünften Mal diesen Entschließungsantrag ein. Denn das ist, wie gesagt, wirklich ein sozialpolitischer Skandal ist, der an einer Bevölkerungsgruppe begangen wird.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Mag. Haupt zum Antrag der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (876/A), in der Fassung des Ausschußberichtes (1418 der Beilagen) betreffend Leistungen nach dem AlVG für Nebenerwerbsbauern.

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der Leistungen nach dem AlVG für Nebenerwerbsbauern unabhängig vom Einheitswert ihrer Landwirtschaft gewährleistet, wenn Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet wurden."

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