Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 145. Sitzung / 26

Tagesordnung richten, wann man die Möglichkeit hat, demokratiepolitische Defizite aufzuzeigen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sie wissen genau, daß nicht wir die Tagesordnung machen, sondern die Präsidiale im Einvernehmen. Dort sind wir nicht stärker, als wir eben sind. Alle Oppositionsparteien zusammengenommen sind nicht stärker als die Regierungsparteien. Bestenfalls kann man dann noch eine Einwendungsdebatte dazu benützen, um sich darüber zu beschweren, daß nicht das debattiert wird in diesem Haus, was aktuell ist.

Richtig wäre es gewesen, wenn Herr Bundesminister Schlögl zum Beispiel von selber gekommen wäre und eine Erklärung abgegeben hätte oder wenn der Herr Bundesminister für Finanzen von selber gekommen wäre und uns etwas zur Bankenaufsicht erzählt hätte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn man so etwas anregt und es nicht stattfindet, dann muß man das schmerzvoll zur Kenntnis nehmen, kann es jedoch nicht einmal in einer Einwendungsdebatte debattieren. Man kann es nicht, aber man darf darauf hinweisen, daß man es nicht kann, Herr Präsident. Daher benützen wir andere demokratiepolitische Defizite, und zwar solche, die heute auf der Tagesordnung stehen.

Daß die ÖVP eine genügsame Partei ist, was demokratische Kontrolle anlangt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Herr Kollege Wurmitzer hat nämlich gesagt, es hätte genügt, 20 Leute zu befragen. Daß 20 andere abgelehnt worden sind, und zwar genau die eigentlichen Wissensträger über den Skandal rund um die merkwürdigen Verwaltungsabläufe in der Steiermark bei der Ennsnahen Trasse, hat ihm auch genügt. Das war für ihn vielleicht sogar befriedigend, denn damit wurde vermieden, daß die wirklich relevanten Fragen beantwortet werden müssen.

Ich meine, in einem Parlament, in dem sich die Regierungsmehrheit so sehr vor der Wahrheit fürchtet, daß sie jedes Instrument – durchaus im Rahmen der Geschäftsordnung und durchaus rechtens im formalen Sinn – benützt, um Diskussionen abzuwürgen, ist die Demokratie nicht am besten aufgehoben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

9.43

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem Antrag der Liberalen wird eine Vorreihung des Tagesordnungspunktes 9 betreffend den Rechnungshofbericht Ennsnahe Trasse verlangt, und selbstverständlich, Herr Präsident, wäre im Zuge einer Debatte über die Ennsnahe Trasse zu einer attraktiven Uhrzeit über parlamentarische Kontrolle insgesamt geredet worden. Jetzt ist es nur eine Kurzdebatte.

Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß nicht, ob das nur uns so auffällt, und ich weiß nicht, ob Sie so sicher sind, daß Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, auf alle Zeiten in der Regierung sein werden, aber das erreicht schon eine gewisse Dichte: seit drei Legislaturperioden kein Untersuchungsausschuß; nicht bei den Kurden-Morden – dort zwar mit eleganter Unterstützung der FPÖ, aber wie auch immer –, nicht zum Bankenproporz, obwohl es schon den nächsten Bankenskandal gibt, nicht zu vielen anderen Vorfällen, die wahrlich untersuchungswürdig wären.

Was hat man uns damals gesagt? – Es gibt keine Geschäftsordnung, keinen Schutz für Auskunftspersonen und Zeugen. Wir haben diese Geschäftsordnung geschaffen. Es hat nichts genützt. (Abg. Dr. Haider: Zur Sache!) Dann hat es geheißen: Ihr bekommt andere Instrumente, um genau in solchen Fällen wie bei der Ennsnahen Trasse Aufklärung zu schaffen, nämlich den Unterausschuß des Rechnungshofausschusses als sogenannten kleinen Untersuchungsausschuß. (Abg. Haigermoser: Es geht um die Umreihung der Tagesordnung!) Und dann teilte uns die Frau Landeshauptfrau mit, sie empfiehlt den Abgeordneten, sie mögen doch nicht mit solchen Anschuldigungen ihre Zeit verschwenden.


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