Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 145. Sitzung / 161

Herr Abgeordneter! Wenn im Resümee der Regierungsfraktionen unter Punkt 7 zu lesen ist: "Die Behörden waren bemüht, die Verfahren aufgrund der Gesetze durchzuführen. Pauschale Vorwürfe der Rechtswidrigkeit entbehren jeder Grundlage", dann muß ich Ihnen sagen: Nun, das möchte ich doch hoffen! Ich möchte doch hoffen, daß die Behörden in Österreich bemüht sind (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch), zumindest bemüht sind – das sagt noch nichts darüber aus, ob es ihnen gelungen ist –, die Verwaltung aufgrund der Gesetze auszuüben. Daß das der Fall sein muß, können Sie schon in Artikel 18 unserer Verfassung nachlesen. Aber daß Sie hier auch noch die "Schneid" haben, hineinzuschreiben, daß pauschale Vorwürfe der Rechtswidrigkeit jeder Grundlage entbehren, und damit dem unaufmerksamen Leser, der unaufmerksamen Leserin vorgaukeln wollen, es sei hier alles in Ordnung gewesen, ist eine ganz bewußte Irreführung, und Sie wissen das auch!

Gehen wir noch einmal zur Frage der Enteignungen, Herr Abgeordneter! Sie sagen, es gehe Ihnen um den Menschen, um die Menschen im Ennstal. Ich frage Sie: Was ist das für eine Enteignung, die eigentlich von der steirischen Landesregierung in erster Instanz durchgeführt hätte werden müssen, aber aus Gründen der politischen, sagen wir einmal, "Unpassenheit" – da man doch nicht von Landeshauptmann Krainer verlangen könne, Bauern im Ennstal, die nichts gemacht haben, zu enteignen – gleich an das Wirtschaftsministerium weitergegeben worden ist? – Wobei das jetzt nicht Herrn Bundesminister Farnleitner betrifft, sondern seinen Vorgänger. Daß man diesen Fall auf die Bundesebene abgeschoben und Bauern im Ennstal enteignet hat, ohne eine rechtliche Grundlage zu haben, und sie durch diese Devolution von der Landesebene zur Bundesebene hin auch noch ihrer Berufungsinstanz beraubt und gleich an die Höchstgerichte verwiesen hat: Wie finden Sie das, Herr Abgeordneter? Halten Sie das für eine den Menschen zuträgliche Vorgangsweise? Ist das der Menschenschutz, den Sie im Ennstal bevorzugen, daß Sie ohne gesetzliche Grundlage Bauern und Bäuerinnen ihres Eigentums, ihres Grundes und Bodens berauben? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter! Sie täuschen darüber hinweg, daß es diese ungesetzliche Vorgangsweise der politisch Verantwortlichen war – und das ist die ÖVP, zum Teil auch die SPÖ, aber es ist in dieser Frage primär die ÖVP –, die zu einer eklatanten Verhärtung der Situation geführt hat – was ja auch logisch ist: Niemand darf es sich gefallen lassen, daß in diesem Land von Behörden und Politikern ohne gesetzliche Grundlage ins Privateigentum eingegriffen wird!

Ich erinnere mich sehr gerne an die Diskussionen über das Mietrecht hier im Hause, im Zuge derer zu Recht auch von Ihrer Fraktion angemerkt wurde, daß das Mietrecht in weiten Teilen in Wahrheit eine kalte Enteignung für die Hauseigentümer sei. Es stehen mitunter unterschiedliche politische Einschätzungen auf der Tagesordnung, und diese werden eben so ausgetragen. Daß Sie aber, wenn es darum geht, einen Straßenbau im Ennstal durchzuführen, mit doppeltem Maß messen und den Leuten, obwohl Sie keine gesetzliche Grundlage haben, Grund und Boden wegnehmen; daß dann, wenn sich im Ausschuß herausstellt, daß die BeamtInnen auf Weisung gehandelt haben, daß die Beamten im Wirtschaftsministerium davor gewarnt und gesagt haben, es gäbe für eine Enteignung keine gesetzliche Grundlage, von der Opposition verlangt wird, eben jene Personen vor den Ausschuß zu bringen, damit man erfahren kann, wer diese politische Weisung gegeben hat (Abg. Dr. Lukesch: Du bist ein Opfer deiner Oppositionsrolle!), Sie aber, die ÖVP-Abgeordneten, mit den Stimmen der SPÖ-Abgeordneten diese Ladung verhindern und wir daher die Frage nicht klären konnten, Herr Abgeordneter Lukesch (Abg. Dr. Lukesch: Du weißt alles besser!), wer diese rechtswidrige Weisung gegeben hat, um aus politisch akkordierten Gründen Menschen ihres Grundes und Bodens zu berauben, das haben Sie zu verantworten! Das wirft kein schönes Licht auf die Kontrolle in diesem Haus, sondern das ist Vertuschung! Sie decken das zu! Sie wollen aus politischem Kalkül nicht haben, daß das aufgezeigt wird.

Meine Damen und Herren! Nun hat man zwar 22 Personen geladen und gehört – zugegeben, das ist ja wahr. Aber, Herr Abgeordneter Kröll, was bringt es denn, in einer Sache Personen zu laden, die durchaus interessante Dinge sagen, aber im entscheidenden Punkt, nämlich dort, wo es darum geht, die Verantwortung festzumachen, genau jene, die Auskunft geben könnten, nicht zu laden? Das war übrigens auch geschäftsordnungsmäßig konform, denn Sie haben mit Mehrheit beschlossen, diese Personen nicht zu laden. Dagegen kann man nichts sagen, die


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