Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 145. Sitzung / 175

19.46

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte wird schon seit einiger Zeit sehr emotional geführt. Ich denke, daß wir der Bevölkerung im Ennstal nichts Gutes tun, wenn wir als Abgeordnete hier Ausdrücke verwenden wie "Die Bauern werden dort beraubt", wie Kollege Barmüller gesagt hat, oder "plumpe Profitmaximierung", "plumpe Ausbeutung der Menschen" oder "erbärmlich", wie Kollege Wabl sich hier ausgedrückt hat.

Ich habe selbst an all diesen Besprechungen teilgenommen und zu einem gewissen Teil mit darunter gelitten, wie sich Kollege Wabl dort gegenüber den anderen Kollegen, vor allem aber – das hat mir wesentlich weher getan – gegenüber den Beamten verhalten hat, von denen einige dort erschienen waren, um Auskunft zu geben. Das ist kein Verhalten eines Abgeordneten, und ich lehne das ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann ein Thema selbst dann, wenn es schwierig ist, so behandeln, daß man versucht, zu Lösungen zu kommen, ohne daß man einander beschimpfen muß und ohne daß man dabei in die tiefste Schublade greifen muß.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Thema selbst möchte ich sagen, daß es sich dort um eine Trasse handelt, die seit 25 Jahren in Bearbeitung ist. Die ersten Vorstudien wurden 1971 gemacht, und allein das zeigt schon, wie komplex die Situation dort ist. Aber das Ganze wurde nicht in Angriff genommen, um mutwillig Straßen zu bauen, sondern wurde gemacht, um eine Entscheidung zu treffen.

Deshalb müssen sich auch die Abgeordneten von der grünen Fraktion überlegen, welche Entscheidung sie mit treffen wollen. Soll es eine Entscheidung für die Menschen im Ennstal sein, soll es eine Entscheidung für den Wachtelkönig sein, oder soll es eine Entscheidung nur für die Natur in dieser Gegend sein? – Die Grünen haben sich – das möchte ich jetzt nicht auf die ganze Fraktion beziehen, wohl aber auf das, was Kollege Wabl im Unterausschuß gesagt hat – bisher eindeutig gegen die Menschen im Ennstal entschieden.

Eine solche Entscheidung treffe ich hier nicht mit, sondern ich möchte eine Entscheidung für die Menschen im Ennstal treffen, und zwar aus einem ganz simplen Grund. Es ist heute auch der Ausdruck "Demokratieverständnis" schon stark strapaziert worden. Wenn man sich die Ergebnisse der Volksbefragung ansieht, die in der Gegend der Ennstaltrasse – also etwa in den Ortschaften Stainach, Wörschach, Weißenbach – stattgefunden hat, dann sieht man, daß beispielsweise von den Stimmberechtigten in Stainach 71 Prozent zur Befragung gegangen sind und mitgestimmt haben und daß sich 94 Prozent von ihnen für diese Trasse ausgesprochen haben. Sehr geehrte Damen und Herren! Was soll es denn in der Demokratie noch für ein deutlicheres Signal geben, als daß sich die Bevölkerung in einem derart hohen Ausmaß für diese Trasse ausspricht?

Das gleiche gilt für Wörschach. Dort haben ebenfalls 71 Prozent der Bevölkerung an der Abstimmung teilgenommen, und von ihnen haben sich 86 Prozent für diese Trasse ausgesprochen. Ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen, möchte es aber aus zeitökonomischen Überlegungen nicht tun. Es ist auch gar nicht notwendig.

Einen Punkt möchte ich noch kurz ansprechen, weil er immer wieder in Diskussion gestanden ist, nämlich die Frage der Enteignung. Es ist nicht so, daß man von Haus aus wissen konnte, daß die entsprechenden Landstriche neben der Straßentrasse womöglich auch in ein Enteignungsverfahren einbezogen werden müssen. Denn das hat es in Österreich noch nie gegeben, daß bei einem Straßenbau die beiden Grünstreifen links und rechts der Straße in ein Enteignungsverfahren hätten hineinkommen müssen. Das kann nur dann geschehen, wenn man die Bevölkerung wirklich aufhetzt. Jeder normale Mensch ist nämlich froh, wenn er sein Grundstück unmittelbar neben einer Straße noch so verkaufen kann, daß auf diesem Grundstück Lärmschutzmaßnahmen und Grüngürtel errichtet werden können.

Bei allen Straßenbauten Österreichs hat das bisher funktioniert, nur in diesem einen Fall nicht. Denn es wurde bewußt von einer Minderheit, die dort die Bevölkerung aufgehetzt hat – einzelne Bauern, die unmittelbar solche Grundstücke hatten, sind aufgehetzt worden –, die Situation heraufbeschworen, die wir jetzt haben.


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