Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 82

Ihnen! (Heiterkeit des Abg. Schieder.) Alle Argumente in Hinblick auf Transparenz oder Nachvollziehbarkeit sind nur vordergründig. (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist die Disziplinierung? – Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka –: 30 Millionen Schilling!) Tatsächlich sind Ihnen die Verfassungsrichter zu selbständig.

Eines muß ich hinzufügen: In der Praxis hat sich der Verfassungsgerichtshof emanzipiert. Das ist überhaupt keine Frage. Daher gilt den Verfassungsrichtern durchaus meine Hochachtung dafür, daß sie trotz dieses bedenklichen Bestellungsvorganges die Einhaltung der Verfassung im Auge haben und objektiv prüfen, ob Gesetze verfassungskonform sind oder nicht. (Abg. Schieder: Gestatten Sie einen Zwischenruf?) – Von Ihnen immer. (Abg. Schieder: Wenn ich wissen will, wer dagegen stimmt; wenn ich disziplinieren wollte, wie Sie unterstellen, dann wäre es doch nur interessant, zu wissen, wer dagegen war! Das weiß man eh; doch nicht, warum er dagegen war!)

Das ist allerdings bedenklich. Das ist sehr entlarvend, Herr Kollege Schieder, was Sie soeben gesagt haben (Abg. Schieder: Ich folge Ihren ...!): "Man weiß ohnehin, wer dagegen war." – Herr Kollege Schieder, das sind geheime Beratungen! (Abg. Schieder: Die Mehrheit ist nicht geheim!)

Freilich, wenn Sie Ihre Richter dort so besetzen wollen, daß in den Besprechungen vielleicht Fraktionssitzungen stattfinden (Abg. Schieder: Nein, nein, tun sie ja nicht!), wenn Sie es so wie in der Regionalradiobehörde haben wollen, wo Herr Wittmann der Fraktionsführer der ÖVP ist (Abg. Schieder: Warum soll ich nicht wissen, warum er dagegen war?), wenn Sie es so haben wollen (Abg. Schieder: Nein!), daß Sie die Verfassungsrichter am Nasenring zu Entscheidungen, die Ihnen genehm sind, zwingen wollen, dann ist das überhaupt keine Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Die Frage ist, warum, und nicht, ob! – Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Schieder –: Da hat er recht! – Abg. Schieder: Nein, da hat er nicht recht!)

Beim Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in Fragen der Familienbesteuerung gab es eine Diskussion (Abg. Schieder: – in Richtung des Abg. Mag. Stadler –: Nein, die Frage ist doch, warum er anders ...! – Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Schieder –: ... um ihn zu disziplinieren!), da wurde sofort nach Verrätern in Ihren Reihen gesucht. (Abg. Schieder: – in Richtung des Abg. Mag. Stadler –: Wie sollte ich disziplinieren? – Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Schieder –: Bei dem Bestellungsmodus hat das ...!) Das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Dr. Kostelka: Er ist ja schon bestellt!)

Es ist – das sage ich Ihnen ganz offen – aus meiner Sicht bedenklich, daß Sie, obwohl der Abstimmungsvorgang geheim stattzufinden hat, in Kenntnis des Ergebnisses des Abstimmungsvorganges sind und offensichtlich genau wissen, wer der Verräter war. (Abg. Schieder: Aber wenn Sie verlieren, interessiert Sie nicht nur die Mehrheit!) Jetzt sagen Sie: Weil wir das durch ein paar Leute, die wir dort sitzen haben, schon wissen, brauchen wir das eh nicht, und es ist das Argument falsch, daß wir kontrollieren wollen, weil wir es ja sowieso wissen, da wir den einen oder anderen Parteigänger, der sich disziplinieren läßt, dort sitzen haben. (Abg. Schieder: Sie sagen, wir verlieren! Dann wissen wir eh, wer die Minderheit war!)

Ja, das ist das Unschöne an Ihren Gedanken! (Abg. Schieder: Sehen Sie: unlogisch!) Sie wollen es aber legalisieren, weil es ja sein könnte, daß sich die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes endgültig emanzipieren und daß es dann nicht mehr dazu kommen kann, Herr Kollege Schieder, daß bekannt wird, wer wie entschieden hat. (Abg. Schieder: Das ist unlogisch!) Darüber sind wir uns ja im klaren, Herr Kollege Kostelka: Sie als Jurist werden mir darin recht geben, daß es Mißbrauch der Amtsgewalt ist, wenn der Inhalt geheimer Beratungen ausgeplaudert wird.

Sie können doch nicht versuchen, einen Sachverhalt, der in die Nähe einer strafrechtlichen Prüfung kommt, dadurch zu legitimieren, daß Sie sagen: Wir muten ihnen nicht zu, daß sie uns das sagen müssen, daher führen wir die "dissenting opinion" ein. Dann wissen wir nämlich, wie entschieden wird. – So kann man doch nicht argumentieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.


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