Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 129

Herr Finanzminister Edlinger hat heute erklärt, die Bankenaufsicht habe den Rieger-Skandal aufgedeckt. Das oberste Organ der Bankenaufsicht sitzt hier in der Person des Herrn Bundesfinanzministers, und dieser sagt allen Ernstes, er hätte den Rieger-Skandal aufgeklärt. Bitte, der Herr Rieger hat in seine eigene Bank eingebrochen und ist geflohen. Dadurch ist das Ganze natürlich ruchbar geworden. Dadurch sind dann die Ermittlungen eingeleitet worden, und dadurch ist der Fall Rieger einer Aufklärung zugeführt worden. Das ist doch geradezu lachhaft! (Abg. Smolle: Warum war Ihnen denn der Rieger so ein Anliegen? Das müssen Sie uns erklären!)

Wer ist denn politisch verantwortlich? Wer hat denn oder hätte denn etwas zu sagen in einer Causa Rieger? (Abg. Dr. Khol: Der Prinzhorn!) Das sind die für die Nationalbank Verantwortlichen, das sind die für das Finanzministerium Verantwortlichen, das ist der Justizminister, und das ist allenfalls auch der Sicherheitsminister. So schaut es aus. Das sind die Personen, die in diesem Fall die politische Verantwortung tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Eine kleine persönliche Bemerkung: Ich schätze durchaus Ihre Art der Anfragebeantwortung, weil sie von Ihnen immer mit einem gewissen Mutterwitz vorgetragen wird. Heute aber haben Sie meines Erachtens Ihr Pokerface zu sehr strapaziert. Denn wirklich allen Ernstes zu behaupten, Herr Finanzminister, daß die Bankenaufsicht den Rieger-Skandal aufgeklärt hätte, das ist ... (Bundesminister Edlinger: "Aufgeklärt" habe ich nicht gesagt!) Das haben Sie wortwörtlich gesagt, oder aufgedeckt hätte. Das ist schon ein starkes Stück!

Ich werde Ihnen jetzt sagen, wieso die Bankenaufsicht – und damit Ihr Ministerium und letztlich, wenn Sie sich verantwortlich fühlen, auch Sie – kläglich versagt hat. Sie hat kläglich versagt, weil nach dem Bankwesengesetz, wie Sie wissen, der Finanzminister oder die Bankenaufsicht bei Gefahr für die Erfüllung von Verpflichtungen eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern zur Abwendung dieser Gefahr Maßnahmen anordnen kann. So kann sie etwa einen Regierungskommissär einsetzen. Das wurde heute schon vom Herrn Kollegen Trattner doziert. Sie kann einen Regierungskommissär einsetzen – und das ist der springende Punkt.

Ich garantiere Ihnen eines heute schon: Das wird der Ansatzpunkt für die Amtshaftungsklage sein. Was wäre gewesen, wenn Sie rechtzeitig einen Regierungskommissär bestellt hätten? Dieser hätte die Unterlagen geprüft, und die Malversationen, die Auslackungen, die primitiven Fälschungen wären sofort aufgeflogen. Es wäre die Bank zugesperrt worden, und die Anleger wären nicht zu Schaden gekommen. Dieser Verzögerungsschaden, der darin bestanden hat, daß die Bankenaufsicht keinen Regierungskommissär eingesetzt hat, geht zu Lasten Ihres Ministeriums, geht zu Lasten der Republik und ist im Rahmen der Amtshaftung von der Republik zu bezahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen auch sagen, Herr Finanzminister, worin die Gefahr in Verzug begründet lag, worin die Verdachtsmomente gelegen haben, die dafür ausschlaggebend sind, daß man einen Regierungskommissär zwingend im Interesse der Anleger zu bestellen hat.

Da gibt es nicht ein Indiz für Schwierigkeiten bei der Riegerbank, da gibt es Dutzende. Ich zähle Ihnen einige auf: Die Bank Austria stellt mit großem öffentlichen Getöse – es gab darüber eine Publikation in der Zeitschrift "NEWS" – schon vor einem Jahr einen Millionenkredit fällig. Bitte, das ist doch nicht normal, daß die Hauptbank, nämlich die Bank Austria, die die Geschäftsanteile der Rieger-Privatstiftung in das Pfand genommen hat, wie Sie auch wissen, einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe fällig stellt! – Die Bankenaufsicht schweigt, der Herr Finanzminister schweigt.

Dutzende Anzeigen werden eingebracht, auch von der Bankenaufsicht, das gebe ich durchaus zu, auch von der Nationalbank – aber einen Regierungskommissär, der alles aufdecken könnte, bestellen Sie nicht.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates Dr. Androsch, Minister außer Dienst, legt unter großem Getöse den Vorsitz im Aufsichtsrat nieder. Er beklagt sich heute selbst und fragt: Hat man denn das nicht als Zeichen verstehen können? – Die Bankenaufsicht schweigt, der Herr Minister schweigt. Es wird kein Regierungskommissär bestellt!


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