bar an den Gerichtshof wenden kann und nicht mehr vorweg in einer Kommission eine Art Vorausscheidung erfolgt, wodurch das alles ja oft viele Jahre lang dauert.
Das halte ich für eine qualitätsmäßige Steigerung, wobei dabei aber sicherlich auch zu berücksichtigen ist, daß wir mit sehr vielen Fällen zu kämpfen haben und daher auch eine Art Regulativ geschaffen werden muß. – Wenn man vergleicht: 1985 gab es 2 800 und im letzten Jahr 12 500 Beschwerden, so erkennt man die ungeheure quantitative Mehrbelastung. Es können vielleicht nicht alle in ihrer Beschwerde beim Gerichtshof unmittelbar recht bekommen, und es werden sicherlich viele darunter sein, die, weil die nationalen Instanzen ausgeschöpft sind, jetzt noch in eine internationale Instanz gehen.
Dennoch halte ich es qualitativ für ganz wichtig, daß sich jeder Bürger, der sich in seinen Menschenrechten, die in der EMRK verankert sind, bedroht sieht, unmittelbar an einen internationalen Gerichtshof wenden kann.
Die zweite Frage, die damit in Zusammenhang steht, ist, daß wir Österreicher auch dazu verpflichtet sind, etwas Entscheidendes in Richtung Schutz des Kindes zu tun. Deshalb bin ich sehr dankbar dafür, daß die Bundesregierung jetzt in der Zeit der EU-Präsidentschaft diesem Schutz des Kindes auch international zu einem Durchbruch verhelfen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns ansehen, daß zwar beinahe alle Staaten der Welt die Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, aber dennoch der Mißbrauch des Kindes in Form von sexueller Ausbeutung, in Form von Kinderarbeit oder Mißbräuchen und auch in Form von Gewalt in Familien heute ein Ausmaß annimmt, das unbeschreiblich ist, dann ist es – würde ich wirklich sagen – auch eine Verpflichtung der Präsidentschaft Österreichs im Rahmen der Europäischen Union, diesbezüglich Maßnahmen zu setzen. Und diese Maßnahmen sind gesetzt worden. Ich bin zuversichtlich, daß die beiden Zusatzprotokolle zu dieser Kinderrechtskonvention jetzt wirklich auch wieder betrieben werden. Sie stecken fest in Verhandlungen, aber es wird gelingen, daß dieser Karren wieder flott wird. Das sind wir allen Kindern, die derzeit weltweit bedroht, ausgebeutet und mißbraucht werden, schuldig. Das halte ich für einen wesentlichen qualitativen Fortschritt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der ebenfalls heute auf der Tagesordnung steht und der einen Antrag betreffend Tibet beinhaltet. Für mich ist auch klar, daß die österreichische Außenpolitik es als Interesse angesehen hat, Tibet im Rahmen der Menschenrechtssituation in China zu behandeln und zu versuchen, die Menschenrechte dort wieder zu verbessern: in Richtung einer gewissen Autonomie für Tibet, in Richtung einer Möglichkeit, daß Religion, Kunst und Kultur in Tibet erhalten bleiben.
Ich meine, daß der Herr Außenminister in diesem Jahr ganz entscheidende Schritte dazu gesetzt hat, die möglicherweise auch zu einem wirklich historischen Durchbruch in den nächsten Jahren beitragen können. Ich darf daran erinnern: Im März 1998 hat Dr. Schüssel als erster westlicher Außenminister nicht nur China, sondern auch Tibet besucht und ist dort in einen Dialog eingetreten, bei dem er die Frage Tibet ganz ernsthaft verhandelt hat.
Zum zweiten: Im Mai 1998 war auf Initiative Österreichs in der Präsidentschaft die EU-Troika in Tibet zu einer Mission und hat wichtige Ergebnisse, auch im Sinn eines Dialogs, mitgebracht.
Zum dritten: Als der Dalai Lama im Juni dieses Jahres in Wien war, hat ihn der Herr Außenminister nicht nur empfangen, sondern mit ihm auch Gespräche darüber geführt, wie man einen Dialog Chinas mit dem Dalai Lama vorantreiben kann. Nunmehr ist dieser Menschenrechtsdialog zwischen China und der EU mit diesem Rechtsseminar ein Stück weiter vorwärtsgekommen. Wie man nun hört – und ich bin sehr zuversichtlich, daß das nicht nur Gerüchte sind, sondern daß das tatsächlich eine Möglichkeit ist –, gibt es so etwas wie einen Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Führung, der in die Richtung einer gewissen Autonomie vorangetrieben wird, der in die Richtung einer Erhaltung der Identität der Kultur und der Religion in Tibet seine Auswirkungen haben wird.