Was ist der Sinn der Osterweiterung? – Drei Aspekte sind zentral hervorzuheben: Die Sicherheit in Europa ist zu erhöhen, daher sagen wir zur Südosterweiterung ja. (Zwischenruf des Abg. Ing. Nußbaumer.) Die wirtschaftliche Entwicklung in Gesamteuropa ist zu stärken, daher sagen wir zur Osterweiterung ja. Die kulturelle Buntheit in Europa ist zu erhalten und zu festigen, daher sagen wir zur Osterweiterung ja. Demokratie bei uns und auch anderswo, auch im Osten und im Südosten, ist zu stärken, daher sagen wir abermals ja. (Abg. Ing. Nußbaumer: All das wird ja gemacht!)
Ich verstehe die Freiheitliche Partei nicht. Wir wissen ganz genau: Wenn diese Staaten das bestehende europäische Recht annehmen, dann müssen sie manche Veränderungen auch in ihren eigenen Ländern durchführen. Das heißt: Das ist der beste Reformschub, den wir bewirken können! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Ing. Nußbaumer.)
Öffnung jetzt! – Opening now! Odprt je zdaj! Das sollte unser Slogan sein. Dann könnten wir vorangehen, und das umso mehr, als wir ja jetzt bereits in einem Ausmaß profitieren ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Nußbaumer.) Kollege Nußbaumer! Sie sind ein anständiger, redlicher Mensch! Schauen Sie sich die Statistiken an! Schon jetzt leben wir besser, gerade wegen der Osterweiterung, weil es uns gelungen ist, mit dem Osten wirtschaftliche Projekte zu realisieren, und weil wir menschlich gute Beziehungen zu den Menschen dort haben. Deshalb bin ich der Auffassung, daß wir hier rasch vorgehen sollen!
Gerade die Berichte zum Beispiel aus Polen, aus Slowenien und auch aus Tschechien zeigen, daß man dort bereits beginnt, das Reformtempo ein bißchen zurückzunehmen. Daher sind es falsche Signale, die aus Pörtschach gekommen sind, anstatt zu sagen: Ja, wir gehen den raschen Schritt nach Europa, und zwar gemeinsam, wir nehmen euch mit, wir haben Mut, diesen Schritt mit euch zu machen, weil wir wissen, daß ihr mitkommen wollt, daß ihr reformieren wollt, daß ihr manches von dem annehmen wollt, was für uns schon gilt, und auch zu sagen: Wir brauchen euch in Europa auch als Bereicherung und als starke wirtschaftliche Partner. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Meine Damen und Herren! Wer heute weiterhin seine Produkte herstellen möchte, braucht kaufkräftige, starke Käufer, und er braucht vor allem auch die starken und gut ausgebildeten Freunde aus unseren Nachbarländern, um auch bei uns Arbeitsplätze zu sichern. Das ist doch die ganz einfache Formel, die man in der ersten Proseminarstunde lernt: Arbeitsplätze im Nachbarstaat bedeuten Wohlstand auch bei uns. (Abg. Ing. Nußbaumer: All das wissen wir!) Nach dieser Formel handelt die Schweiz täglich, deshalb geht es der Schweiz soviel besser. Die Wirtschaftsdaten stimmen, wenn die Grundhaltungen stimmen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)
In der Frühdebatte haben Sie wieder versucht, die Geschichte aufzuwärmen. Ich sage jetzt bewußt "aufwärmen", denn Sie mißbrauchen Fragen der Menschenrechte und auch Fragen der Rechte der Sudetendeutschen für Ihren ganz privaten politischen Wahlkampf, den Sie auch hier im Hause immer führen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das ist aber nicht das Thema. Das Thema sind die Menschen in Europa und die Menschen hier bei uns, die die Wirtschaft und die Kultur betreiben, die Menschen, die bereit sind, ein gemeinsames Europa zu schaffen. Schreiben Sie sich das bitte ins Stammbuch! (Abg. Ing. Nußbaumer: Das Thema ist die Vorbereitung Österreichs darauf, nicht die Vorbereitung der anderen!)
In der Früh gab es einen kleinen Zwischenruf – ich weiß nicht, ob er von Ihnen oder von der ÖVP kam –: "Wie hältst es denn du mit der Nachbarschaftshilfe?" – Da hat wieder einmal einer nicht begriffen, daß es mir nur dann gutgeht, wenn es auch dem Nachbarn gutgeht! Wer das nicht begreift, der ist wirklich nicht reif für dieses Europa! Aber zockeln Sie nur hinterdrein; es wird aber einige geben, die vorne sein werden – Sie sicher nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)
22.19
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.