Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 27

bezogene Diskussionen, damit ein möglichst breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens erzielt werden kann, wie das der guten Tradition der österreichischen Justizpolitik und dem Stil des Justizausschusses dieses Hohen Hauses entspricht. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen bekanntlich jeweils 5 Minuten.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Doris Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.21

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat nun ohnedies schon ausgeführt, was er sich für diese Legislaturperiode im Justizbereich vorgenommen hat. Es gab dazu erfreulicherweise ein Arbeitsprogramm für den Justizbereich, welches zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode auch vorgestellt wurde. Und es ist ohne Zweifel so, daß in dieser Zeit sehr viel gelungen ist und einiges umgesetzt wurde. Ich möchte aber an die Ausführungen des Kollegen Jarolim anschließen und vor allem auf jene Bereiche zu sprechen kommen, die eigentlich beschlußreif am Tisch liegen, deren Beschlußfassung nichts entgegenstehen würde. Der Herr Bundesminister hat in einer Presseaussendung auch angekündigt, daß er diesbezüglich "guter Hoffnung" ist und eine Realisierungschance sieht.

Ich möchte diese Bereiche anschneiden, weil es sich dabei um keine großen ideologischen Fragen handelt, sondern es darum geht, gesellschaftliche Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und die Gesetze auch darauf abzustimmen.

Ich möchte etwa die Reform des Scheidungsrechtes anschneiden. Die große Frage bei der Diskussion um das Scheidungsrecht ist, welche Bedeutung eine Eheverfehlung im Scheidungsrecht eigentlich haben soll. Ich halte es für wichtig, daß wir wissen, daß diese Scheidungstatbestände, die ja auf dem Verschulden ... (Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die sozialdemokratische Fraktion hat die Aktuelle Stunde vorgeschlagen. Ich bitte daher, dieser auch entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen, Kollege Schnizer!

Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Scheidungstatbestände, vor allem auch, was den nachehelichen Unterhalt betrifft, in ihren Kernzügen eigentlich seit dem Jahre 1938 so bestehen. Wir müssen uns aber klar darüber sein, unter welcher Geisteshaltung 1938 diese Scheidungsgründe und ihre Folgen entstanden und auch beschlossen wurden. Es muß uns daher auch klar sein, daß das eine Epoche war, in der es nicht um Emanzipation der Frauen oder um Gleichberechtigung in der Ehe gegangen ist, sondern in der genau das Gegenteil der Fall war. Heute sind wir in unserem Land erfreulicherweise so weit, daß das Anrecht der Frauen auf Selbstverwirklichung, das Recht darauf, Beruf und Familie vereinbaren zu können, eigentlich im großen und ganzen allgemein akzeptiert wird. Daß 97 Prozent aller Frauen Kind, Familie und Job vereinbaren wollen, zeigt, daß sie ihren gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft einnehmen wollen, das auch einfordern und daß wir dieser Realität auch legistisch folgen müssen.

Es geht daher bei der Umsetzung der Reform im Scheidungsrecht vor allem um eine Anpassung an tatsächliche gesellschaftliche Veränderungen und um deren Anerkennung und darum, mit der derzeit bestehenden Regelung nicht einer Mehrheit der Bevölkerung ein Weltbild des Jahres 1938 aufzudrängen, das ihrer Lebensrealität auch wirklich nicht mehr entspricht. (Abg. Dr. Fekter: Also, bitte! – Abg. Dr. Khol: Da applaudiert nicht einmal Ihre eigene Fraktion, bei solchen Vergleichen!) Es ist heute ein Anrecht der Frauen ... (Abg. Dr. Fekter: Da applaudiert nicht einmal die SPÖ! – Abg. Dr. Khol: Bei Vergleichen mit 1938, da seien Sie vorsichtig!) Herr Kollege Khol, ich kann mir vorstellen, daß diese Änderungen im Scheidungsrecht nicht Ihrem "natürlichen" Rechtsempfinden entsprechen, aber es entspricht dem gesunden Menschenverstand, diese Änderungen vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schaffenrath.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite