Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 57

Alle Parteien sind sich wohl darüber einig, daß die dringend notwendige seelische Hilfe nicht an der finanziellen Belastung und am Geldmangel scheitern sollte. Hervorzustreichen ist sicherlich auch, daß das nicht nur für Opfer gilt, sondern daß auch für Hinterbliebene von Opfern von Gewaltverbrechen diese therapeutische Hilfe möglich sein soll. Es ist auch wichtig, zu betonen, daß diese therapeutische Hilfe nicht nur auf bestimmte strafrechtliche Delikte beschränkt ist, wohl aber darauf, daß die Tat mit einem Strafausmaß von mindestens sechs Monaten Freiheitsentzug bedroht ist, und eben auch darauf, daß die Tat – und da müssen wir, glaube ich, noch schauen, ob das wirklich zielführend ist – vorsätzlich begangen worden ist.

Das Augenmerk ist, wie gesagt, vor allem auf Kinder zu lenken, Kinder, die Opfer von Mißhandlung oder sexuellem Mißbrauch geworden sind. Es wurden ja laut Information des Familienministeriums voriges Jahr 25 000 Kinder Opfer von sexueller Gewalt. Es kam zu 268 Verurteilungen. Daher ist der Aktionsplan von Minister Bartenstein in die Richtung, noch mehr Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und auch gegen Kinderpornographie im Internet zu setzen, von uns sehr zu unterstützen und zu begrüßen.

Nichtsdestotrotz möchte ich darauf hinweisen, daß für uns von der ÖVP diese Novelle nicht ausreichend ist, weil wir uns gewünscht haben, daß in diesem Zusammenhang auch die Frage des Schmerzensgeldes mit berücksichtigt und geregelt wird. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist schade, daß wir diesbezüglich mit unserem Koalitionspartner, der SPÖ – in dem Fall nicht so sehr "Partner" –, keine Regelung finden konnten. Nicht zuletzt ein ORF-Interview mit zwei Opfern von einem Täter mit dem gleichen Delikt, aber in zwei Ländern, wenige Kilometer auseinander, begangen, nämlich in der Schweiz und in Vorarlberg, hat gezeigt, wie unterschiedlich die Situation der Opfer ist, und zwar gab es zuwenig Unterstützung für das Opfer in Österreich. Ich glaube, das hat gezeigt, daß sowohl im Justizbereich als auch im Sozialbereich im Rahmen des Opferschutzes noch ein großer Nachholbedarf besteht.

Ein weiterer Schritt wäre eben das Schmerzensgeld. Unsere Forderung lautet auf Abgeltung des Schmerzensgeldes für das Opfer aus dem Verbrechensopfergesetz, natürlich verbunden mit Regreßansprüchen an den Täter. Ich könnte mir auch vorstellen, daß es im Bereich des Schmerzensgeldes nicht nur um körperliche Schmerzen, sondern – etwa nach Sexualdelikten – sehr wohl auch um seelische Schmerzen geht. Darüber sollten wir uns unterhalten.

Frau Ministerin Hostasch, Sie haben gesagt, es sei die Pflicht der Gemeinschaft, Opfern von Gewalttaten zu helfen und ihnen die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten. Das ist absolut auch unsere Überzeugung. Aber um das zu erreichen, ist auch die Schmerzensgeldfrage in nächster Zeit mit zu verhandeln. Wir hätten uns gewünscht, dies wäre schon jetzt möglich gewesen.

Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen. Ein Nachteil des Verbrechensopfergesetzes ist auch, daß die damit verbundenen Rechte der Opfer zuwenig bekannt sind. In Österreich gibt es laut Statistik 38 000 Menschen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Und wenn man die Auskunft des Bundessozialamtes heranzieht, so stellt man fest, daß es nur 100 Menschen gibt, die aus dem Verbrechensopfergesetz ständig betreut und unterstützt werden, und etwa 100 Einzelfälle kommen jährlich hinzu.

Dieses Gesetz soll auch dazu beitragen, daß Opfer vermehrt wenigstens wissen, welche Rechte – sie haben ohnehin zu wenig Rechte beziehungsweise sehr wenig Rechte – ihnen zustehen. Ich glaube, wir müssen gemeinsam danach trachten, daß das vermehrt bekannt wird. Ich weiß zwar, daß die Exekutive aufgefordert ist, die entsprechenden Informationen weiterzugeben, aber gerade in einer solchen Situation, unmittelbar nachdem man Opfer einer Tat geworden ist, hat man meist anderes im Kopf oder merkt sich das vielleicht auch nicht. Die erste anwaltliche Auskunft bei Gericht ist auch ein Ansatz, um darauf hinzuweisen, denn die Leistungen sind ja nicht so gering. Es gibt immerhin einen Ersatz für den Verdienstentgang bis zu 30 000 S, mit dem der Einkommensverlust abgegolten werden soll. Es gibt Unterstützung für Heilfürsorge, für ärztliche Betreuung, für die Bereitstellung von Heilbehelfen und auch den Anspruch von Hinterbliebenen auf Unterhaltskosten bis hin zu Bestattungskosten.


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