Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 88

Bergwerke nicht entsprechend war, wissen wir. Das war nicht nur in Lassing der Fall, auch in anderen Bergwerken ist das so. Es gibt keine zwei Sicherheitsausgänge, es gibt kein Recht, die Arbeit niederzulegen, auch wenn Gefahrenmomente bestehen.

Warum hat dennoch auch die Sozialdemokratie die Bedenken fallenlassen? Hat sie sich sachlich von der Obersten Bergbehörde überzeugen lassen, oder war es etwas anderes? War es vielleicht die Angst um den eigenen Machterhalt, oder war es die Angst, daß der Koalitionsfrieden noch schiefer hängen könnte, Frau Bundesministerin? Wie hoch kann denn der Preis sein, den die Sozialdemokratie zu zahlen bereit ist, wenn es um den Machterhalt geht? Zahlen Sie da jeden Preis, Frau Bundesministerin, oder gibt es Grenzen? – Das sind die Fragen, die sich jetzt stellen.

Lassing ist noch lange nicht ausgestanden. Der Fall ist auch heute wieder durch die Medien gegangen. Auch innerhalb der Koalition geht die Auseinandersetzung weiter, jetzt werden die Bergungsvarianten diskutiert. Für die Toten von Lassing kommt dieses ILO-Übereinkommen zu spät. Ich hoffe, daß sich vielleicht in anderen Bergwerken für andere Arbeitnehmer daraus eine Möglichkeit ergibt, gestützt auf die Rechtsordnung mehr Sicherheit zu verlangen.

Frau Bundesministerin! Meine Frage geht weit über dieses ILO-Übereinkommen, weit über den Fall Lassing, weit über den Bereich von Bergwerken hinaus. Ich frage Sie einmal mehr, wieviel die Sicherheit, die Gesundheit, der Schutz von ArbeitnehmerInnen der Sozialdemokratie wert sind. Ist das ein Ziel, das Sie in jedem Fall bedingungslos und auch um den Preis eines großen koalitionären Krachs durchsetzen wollen, oder ist es so wie bei diesem ILO-Übereinkommen, nämlich daß offenbar eine Behörde nur mit den Fingern schnippen muß und die Sozialdemokratie geht in die Knie? (Beifall bei den Grünen.)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Internationale Arbeitskonferenz hat am 22. Juni 1995 dieses Übereinkommen angenommen und den einzelnen Mitgliedstaaten die Ratifikation empfohlen. Das ist richtig. Alle drei österreichischen Vertreter, sowohl der Ministerienvertreter, der Arbeitnehmervertreter als auch der Unternehmervertreter, haben damals in Genf diesem Dokument zugestimmt.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Mit großem Interesse habe ich im Ausschuß die Ausführungen Ihres Kollegen Öllinger vernommen, wonach diese Ratifikation heute so ähnlich abläuft wie "Die Truman-Show". Ihr Auftritt hier unterstreicht das sehr deutlich. Es ist ein Spiel vor einer Kulisse, vor einem Hintergrund. Es stellt sich nur die Frage, ob der Hintergrund, der hier vorgegaukelt wird, auch echt und wahrhaftig ist. Tatsache ist: Wenn die Oberste Bergbehörde der Meinung ist, daß die Vorgaben des Übereinkommens teleologisch umgesetzt werden können, dann bedeutet das nicht, daß sie dagegen ist, sondern vielmehr das Gegenteil – das wissen Sie ganz genau (Abg. Dr. Petrovic: Was war dann in Lassing?) –: Die Oberste Bergbehörde war der Auffassung, daß man ohne weiteres ratifizieren könne, weil die Inhalte bei teleologischer Interpretation, dem Geist der Bestimmung nach, erfüllbar wären. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist der Geist von Lassing?)

Aber das Zentral-Arbeitsinspektorat war anderer Meinung – auch das wissen Sie –, und das Zentral-Arbeitsinspektorat legte angeblich eine lange Liste vor, in der angeführt wurde, warum die Umsetzung dieses Übereinkommens in Österreich zu der Zeit nicht möglich gewesen wäre. Die Bundesregierung hat damals in ihrer Sitzung den Bedenken des Sozialministeriums Rechnung getragen und eben nur die Kenntnisnahme empfohlen. In der Sitzung des Sozialausschusses vom 1. Oktober 1997 wurde der Antrag dann vertagt, um der Bundesregierung die Möglichkeit einzuräumen, die notwendigen Vorkehrungen für die Umsetzung zu treffen. (Beifall bei der ÖVP.)


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