In einem anderen Fall wird ebenfalls von einem entwichenen ,Geisteskranken‘ gesprochen und festgehalten, daß die Vormerkung erst im Jahre 2038 außer Kraft tritt.
Abgesehen davon, daß nach der letzten Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz (mit der Novellierung des Waffengesetzes) der Hinweis auf die psychische Krankheit (,Geisteskranker‘) nicht nur geschmacklos, sondern auch rechtswidrig ist, widerspricht auch die Dauer der Speicherung der Daten den Notwendigkeiten und den gesetzlichen Bestimmungen.
5. Als Herr J. L. von seiner Möglichkeit, in den Stapo-Akt Einsicht zu nehmen, Gebrauch machte, mußte er feststellen, daß sich auch das Heeresabwehramt offensichtlich mit ihm beschäftigt hatte. Aus einem Aktenvermerk ging hervor, daß sich das HAA bei seinem damaligen Dienstgeber nach den privaten und beruflichen Aktivitäten erkundigte und sich dabei als ,Staatspolizei‘ ausgab. Da dies offensichtlich die Staatspolizei störte, wurde ein Aktenvermerk angebracht, der wörtlich lautet: ,Schon wieder mißbräuchliche Verwendung ,Staatspolizei' durch HAA.‘ Dabei handelt es sich offensichtlich um keinen Einzelfall.
6. Der Innenminister plante mit der Novelle zum SPG die Aufgabenbereiche der Sicherheitsbehörden um die ,Gefahrenerforschung‘ auszuweiten. Damit könnten – wie derzeit von den Heeresnachrichtendiensten – unter dem Titel der Gefahrenerforschung sämtliche kritische Personen und Gruppierungen überwacht werden, so wie derzeit der Verteidigungsminister die Tätigkeit des Heeresabwehramtes mit der Überwachung von Personen, die sich kritisch über die Einrichtung des Bundesheeres oder deren Anschaffungen äußern, rechtfertigt. Der Sicherheitsapparat wird damit zu einem Metternichschen Machtinstrumentarium mißbraucht, das bei Bedarf gegen kritische politische Gegner verwendet werden kann. Allenfalls werden dann die Akten sogar mit nach Hause genommen oder in Parteiinstitutionen gelagert, wie wir zuletzt feststellen mußten. Diese Praxis entspricht polizeistaatlichen Methoden, die mit unseren demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar sind. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, über gewählte Vertreter/innen des Volkes oder Mitglieder von Regierungen Akten anzulegen, auch wenn sie sich kritisch zu Einrichtungen wie den Sicherheitsbehörden oder der Landesverteidigung äußern. Die kritische Beurteilung von Handlungen und Institutionen unseres Staates ist die tagtägliche Aufgabe unserer Politiker/innen und wesentlicher Bestandteil eines demokratischen Systems.
Die Veröffentlichung kriminalpolizeilicher Ermittlungen in der Zeitschrift ,Top‘ (Nr. 7/9 vom September 1997) mit Namen und Anschrift mehrerer Tatverdächtiger belegt die Bedenken, daß nach Wunsch Daten gegen Personen weitergegeben und politisch verwendet werden.
7. Unter diesen Gesichtspunkten kann einer Ausweitung der Befugnis der Sicherheitsbehörden, personenbezogene Daten zu ermitteln, nur abgelehnt werden. Dies vor allem auch deshalb, da damit Bereiche erfaßt werden, die mit der Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden nichts zu tun haben. So kann es nicht Aufgabe der Sicherheitsbehörden sein, für private Unternehmen Sicherheitsüberprüfungen von zukünftigen Angestellten privater Firmen vorzunehmen. Denn selbst wenn die JobbewerberInnen einer derartigen Überprüfung zustimmen (wer einen Job will, wird in der Regel keine Alternative dazu haben), so widerspricht diese Praxis den arbeitsverfassungsrechtlichen Grundsätzen, daß ArbeitnehmerInnen nicht verpflichtet sind, Angaben ihren Privatbereich betreffend den ArbeitgeberInnen bekanntzugeben. So sind laut Judikatur des Obersten Gerichtshofes Frauen nicht verpflichtet, den ArbeitgeberInnen über ihre Schwangerschaft Auskunft zu erteilen. Mit nichts zu rechtfertigen ist die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die im gemeinsamen Haushalt des Betroffenen leben und volljährig sind, da in diesen Fällen nicht einmal die Zustimmung dieser Personen einzuholen ist. Mit der möglichen Überprüfung des Vorlebens der betroffenen Personen ist zu befürchten, daß entgegen der Datenschutzrichtlinie der EU Daten betreffend politischer Meinung, religiöser oder philosophischer Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit sowie Daten über Gesundheit und Sexualleben ermittelt werden.
8. Auch die Ermittlung personenbezogener Daten über Personen zur Warnung der Bundesregierungsmitglieder und Landeshauptleute steht im krassen Widerspruch zu den gesetzlich verankerten Aufgaben der Sicherheitsbehörden und ist daher aus datenschutzrechtlichen Grundsätzen abzulehnen. Es kann nicht angehen, daß z. B. bei einer Ausstellungseröffnung, an der