Als bekannt wurde, daß die elektronische Überwachung auf der Tagesordnung der Septembertagung 1998 des Europäischen Parlaments stehen würde, wurde die Omega Foundation aufgefordert, eine aktualisierte Zusammenfassung der Zwischenstudie als Unterlage für diese Sitzung zu erarbeiten. Die aktualisierte Zusammenfassung deckt verschiedene Bereiche der in der Zwischenstudie abgehandelten Technologien für eine politische Kontrolle ab. Das Dokument befaßt sich in seiner gegenwärtigen Form jedoch nur mit der spezifischen Frage der elektronischen Überwachung. Nur die vollständige Fassung enthält auch die Fußnoten und die Bibliographie.
Die Zwischenstudie wurde mit großem Interesse aufgenommen, und die ausführlichen Pressekommentare in und außerhalb der Europäischen Union beweisen, wie sehr die Öffentlichkeit über viele der in der Studie beschriebenen Neuerungen beunruhigt ist. Diese aktualisierte Zusammenfassung orientiert sich an den gleichen grundlegenden Zielsetzungen wie die Zwischenstudie, wobei es darum geht,
(i) den Mitgliedern des Europäischen Parlaments ein knappes Nachschlagewerk über die jüngsten Fortschritte im Bereich der Technologie für eine politische Kontrolle zur Verfügung zu stellen;
(ii) den gegenwärtigen Stand der Technik im Bereich der herausragendsten Entwicklungen zu klären und zu beschreiben und die Teile der Zwischenstudie, die in der Öffentlichkeit größte Besorgnis hervorgerufen haben, weiter zu klären und zu aktualisieren;
(iii) den Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine Darstellung der gegenwärtigen Trends sowohl in Europa als auch weltweit zu geben;
(iv) politische Optionen für Strategien zur Regelung der künftigen demokratischen Kontrolle und Verwaltung dieser Technologie vorzuschlagen;
(v) weiteres kurzgefaßtes Informationsmaterial zu liefern, um die Antwort des Parlaments auf die vorgeschlagene Erklärung der Kommission über elektronische Abhöreinrichtungen zu untermauern, die auf die Tagesordnung der Sitzung des Europäischen Parlaments am Mittwoch, dem 16. September 1998, gesetzt wurde.
2. Entwicklungen in der Überwachungstechnologie
Unter Überwachungstechnologie versteht man Vorrichtungen oder Systeme, die die Bewegungen von Personen, ihres Eigentums oder anderer Vermögenswerte überwachen, verfolgen und bewerten können. Diese Technologie wird zu einem großen Teil dazu eingesetzt, die Tätigkeiten von Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Studentenführern, Minderheiten, Gewerkschaftsführern und politischen Gegnern zu verfolgen. Eine ganze Reihe von Überwachungsgeräten wurde entwickelt, wie beispielsweise Nachtsichtgeräte, Parabolmikrophone zum Abhören von Gesprächen in über 1 km Entfernung, Lasermikrophone, die jedes Gespräch von einem geschlossenen Fenster in Sichtweite aus verfolgen können, die ,Danish Jai‘-Stroboskopkamera, die in wenigen Sekunden Hunderte von Aufnahmen machen und alle Teilnehmer an einer Demonstration oder an einem Marsch einzeln photographieren kann, und das automatische Fahrzeugerkennungssystem, das mit Hilfe eines geographischen Informationssystems von Karten Autos in einer Stadt verfolgen kann.
Die ursprünglich für die Verteidigung und die Geheimdienste entwickelten neuen Technologien haben sich nach dem Kalten Krieg schnell für die Strafverfolgung und im privaten Sektor durchgesetzt. Dabei handelt sich um einen jener Bereiche des technologischen Fortschritts, in dem überholte Vorschriften nicht mit der immer weiter verbreiteten mißbräuchlichen Verwendung Schritt halten konnten. Bis zu den sechziger Jahren waren die meisten Überwachungsgeräte technologisch einfach und teuer, da sie voraussetzten, daß man den Verdächtigen auf Schritt und Tritt folgte, wozu bis zu 6 Personen in Zweierteams, die in drei Achtstundenschichten arbeiteten, nötig waren. Alle Informationen und erzielten Kontakte wurden schriftlich festgehalten und