Diese Pläne wurden weder den europäischen Regierungen noch dem Ausschuß für Grundfreiheiten des Europäischen Parlaments zur Prüfung vorgelegt, obwohl die Frage der Grundfreiheiten durch solche unverantwortliche Systeme eindeutig aufgeworfen wird. Die Entscheidung, diese Entwicklung voranzutreiben, wurde nur im geheimen im Rahmen eines ,schriftlichen Verfahrens‘ durch den Austausch von Telexen zwischen den 15 Regierungen der EU-Staaten getroffen. Statewatch teilt mit, daß der globale Überwachungsplan EU-FBI nun ,außerhalb des dritten Pfeilers‘ weiterentwickelt wird. In der Praxis bedeutet dies, daß der Plan von einer Gruppe von 20 Ländern – den 15 EU-Mitgliedstaaten plus USA, Australien, Kanada, Norwegen und Neuseeland – weiterentwickelt wird. Diese Gruppe von 20 Ländern hat weder dem Rat (Justiz und Inneres) noch dem Europäischen Parlament noch den einzelstaatlichen Parlamenten Rechenschaft abzulegen. Die Finanzierung dieses Systems wird nicht erwähnt, aber in einem Bericht der deutschen Bundesregierung wird angegeben, daß allein der Teil des Pakets, der die Mobiltelefone betrifft, schätzungsweise 4 Milliarden D-Mark kosten wird.
Statewatch zieht die Schlußfolgerung, daß ,die Schnittstelle zwischen dem ECHELON-System und seiner potentiellen Weiterentwicklung im Bereich der Telefonverbindungen, gemeinsam mit der Standardisierung der von der EU und den USA finanzierten Zentren und Ausrüstungen für ,abhörbare Verbindungen‘, eine wirklich globale Bedrohung darstellt, die keinerlei rechtlichen oder demokratischen Kontrollen unterliegt‘ (Pressemitteilung vom 25. Februar 1997). In vielerlei Hinsicht handelt es sich dabei um Treffen von Agenten eines neuen globalen Staats des militärischen Geheimdienstes. Es ist für alle sehr schwierig, sich ein vollständiges Bild davon zu machen, was in den hochrangig besetzten Treffen zur Festlegung dieser ,transatlantischen Agenda‘ beschlossen wird. Statewatch erzielte zwar einen Entscheid des Bürgerbeauftragten, der ihm Einsicht in die Vereinbarung gewährt, weil der Ministerrat ,den Zugangscode falsch angewandt hat‘; bislang wurde jedoch noch niemandem Einblick in die Akten gewährt. Und ohne solche Einsicht in die Unterlagen müssen wir uns damit abfinden, daß die Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden. Die Erklärung der Kommission zu ECHELON und den transatlantischen Beziehungen, die einen noch nie dagewesenen Vorgang darstellt und die für den 16. September angesetzt ist, wird vermutlich durch das, was sie verschweigt, ebensoviel Aussagekraft haben wie durch das, was sie der Öffentlichkeit preisgibt. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments könnten die folgenden politischen Optionen in Erwägung ziehen:
2.5. Politische Optionen
(i) Eine Reihe von detaillierteren Untersuchungen zu den sozialen, politischen, kommerziellen und verfassungsmäßigen Auswirkungen des in der Studie beschriebenen globalen elektronischen Überwachungsnetzes sollte im Hinblick auf die Abhaltung einer Reihe von Anhörungen von Experten als Grundlage für die künftige Politik der EU im Bereich der Grundfreiheiten in Auftrag gegeben werden. Diese Untersuchungen könnten folgende Bereiche abdecken:
(a) die verfassungsmäßigen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Möglichkeit der nationalen Sicherheitsagentur (NSA) der Vereinigten Staaten, alle europäischen Fernmeldeverbindungen anzuzapfen, ergeben, und insbesondere die rechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Vertrag von Maastricht sowie die gesamte Problematik des Einsatzes dieses Netzes für die automatisierte politische und wirtschaftliche Spionage;
(b) die sozialen und politischen Auswirkungen des globalen Überwachungssystems FBI-EU, der dadurch mögliche wachsende Zugriff auf die neuen Kommunikationsmedien einschließlich E-Mail und die weitere Expansion in neue Länder, gemeinsam mit allen damit zusammenhängenden finanziellen und verfassungsrechtlichen Fragen;
(c) die Struktur, Rolle und Aufgabe eines EU-weiten Überwachungsgremiums, das unabhängig vom Europäischen Parlament eingesetzt werden könnte, um die Tätigkeiten aller Organisationen zu überprüfen und überwachen, die sich mit dem Anzapfen von Telekommunikationsverbindungen in Europa beschäftigen.