Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 187

Herr Minister! Insgesamt wäre es wahrscheinlich notwendig, überhaupt einen anderen Weg zu beschreiten, nämlich die Bildungsinstitutionen in Europa gemeinsam zu verifizieren und ein Parallelschulsystem zu errichten, damit jemand, wenn er zum Beispiel in Finnland eine gewisse Hochschule und Ausbildungsstufe absolviert beziehungsweise einen Grad erreicht hat, die Möglichkeit hat, in einem anderen Staat entsprechend einzusteigen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das wäre ein ganz anderer, neuer Ansatz. Das heißt: Wir müssen dem Bürger die Bürokratie abnehmen. Die Formalien sollen im Rahmen der Bürokratie selbst erledigt werden, und wir sollten endlich in der Lage sein, ein gutes europäisches Bildungssystem – bei aller Buntheit natürlich – anzubieten. Das wäre eine lohnende Aufgabe, das wäre einmal etwas Neues!

Wenn man dieses Übereinkommen liest – in diesem Punkt muß ich einem Vorredner von den Freiheitlichen recht geben –, dann ist man sozusagen Analphabet und muß noch einmal lesen lernen. Dieser Analphabetismus, den wir bei manchen Bürgern immer so bedauernd zur Kenntnis nehmen, befällt ja auch uns oft, wenn wir ganz ehrlich sind! In dieses Übereinkommen wurde sehr viel verpackt, man könnte sagen, man spürt richtig, wie der Computer gearbeitet hat, so quasi: Dieser Absatz bleibt, er paßt hinein, er muß nur ein bisserl umformuliert werden.

Das Liberale Forum wird diesem Abkommen von Lisboa vom 17. Juli 1998 als einem Schritt in Richtung Mobilität zustimmen. Es ist jedoch ein Rahmenabkommen geblieben, und daher hat man immer ein bißchen Bauchweh. Der gute Wille ist vorhanden, aber die Tat kommt nicht. Daher wäre es ganz wichtig, europäische Kriterien zu schaffen und dann die Bürokratien untereinander streiten zu lassen, welche Qualifikation wer hat, anstatt sozusagen alles dem Bürger aufzuerlegen.

Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen schon ein solches Nostrifzierungsverfahren über sich ergehen lassen mußte. Dafür sind eine Menge an Papieren und ein großer Zeitaufwand erforderlich. Außerdem sind dann noch – wie Sie sehen – spezielle Auskünfte extra einzuholen. Als ob man nicht in der Lage wäre, seine Schule authentisch zu beschreiben, um dann, anstelle langwieriger Verfahren, von der jeweiligen Regierung den notwendigen Stempel als Bestätigung, die Verifizierung, zu bekommen, daß ein gewisses Studium absolviert wurde, das anerkannt wird und – vielleicht mit kleinen Ergänzungen, zwei oder drei zusätzlichen Prüfungen – ins System paßt.

Ein bißchen hat man immer den Eindruck, daß das eine Methode ist, den Arbeitsmarkt im intellektuellen Bereich "österreichisch" zu halten, anstatt ihn mit ganz neuen Wissenschaftlern zu durchmischen.

Herr Minister! Das betrifft zwar nicht nur Ihr Ressort, sondern teilweise auch den Innenminister, aber ich meine, daß es an der Zeit wäre, diese völlig sinnlosen, komplizierten Verfahren für ausländische Studierende einmal in Frage zu stellen. Sie müssen sich einmal vorstellen, wie kompliziert es ist, bei einer ausländischen Behörde vorstellig zu werden und Papiere vorzulegen, und das jedes Jahr! Warum ist man nicht in der Lage, für jemanden, der hier ein Studium absolvieren will, ein Visum für die durchschnittliche Studiendauer mit der Verpflichtung auszustellen, sich jedes Jahr zu melden und den Meldezettel und einen Inskriptionsnachweis vorzulegen? – Damit hätte sich die Sache.

Denn wie geht es jetzt vor sich? – Im Herbst wird um das Visum angesucht, im Feber bekommt der Studierende es, im Juni fährt er heim, und sein Visum ist verfallen. Im Herbst muß er neuerlich ansuchen, weil er mit einem Touristenvisum nicht anschließen darf. – Das ist unsinnig! Den Bürokraten möchte ich einmal kennenlernen, der dies erfunden hat, damit ich ihm sagen kann: Du mußt jetzt den ganzen Vorgang einmal selbst über dich ergehen lassen, den du hier zusammenverkompliziert hast! Denn wenn er selbst betroffen ist, dann wird er alles sofort ändern.

Es sind zum Beispiel gerade aus den Nachbarländern Studierende in Österreich, die halb hier und halb zu Hause wohnen. Wie wir wissen, müssen auch diese ein Sparguthaben von 70 000 S nachweisen. Herr Minister! Vielleicht verrate ich Ihnen jetzt ein Bundesgeheimnis oder ein Studentengeheimnis: Es gibt da ein paar Sparbücher mit einem Guthaben von 75 000 S, und


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