Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 114

Wenn dieser Wunsch schon nicht in Erfüllung gehen sollte, weil er vielleicht an der Mehrheit der Regierungsparteien oder aus welchen Gründen auch immer scheitern würde, dann wäre es doch günstig, wenn darüber so bald wie möglich im Ausschuß diskutiert werden könnte, denn daß eine solche Bilanz eine Lösung für einige der Probleme wäre, die unsere Unternehmen haben, ist unbestritten. Die Unternehmen sollten daher möglichst bald erfahren, ob ihnen dieses Instrument gegeben wird oder nicht.

Ich meine, daß es ihnen gegeben werden sollte, weil einige der Argumente, die hier erwähnt wurden, durchaus richtig sind, denn wenn man diese Argumente zusammenführt, dann beweisen sie einmal mehr, daß es dringend notwendig wäre, ein solches Bilanzgesetz zu haben.

Das Niedrigstwertprinzip hat eine Zwillingsschwester, das ist die Bilanzwahrheit. Und die Bilanzwahrheit wird gelegentlich durch das Niedrigstwertprinzip geschützt, damit man sich nicht künstlich reicher macht, als man ist. Wenn aber die Wertansätze so stark auseinanderklaffen, wie das teilweise der Fall ist, weil sich dynamische Effekte in der Vermögensentwicklung in der Bilanz nicht abbilden und nicht sichtbar werden, etwa weil das Vermögen schon seit längerer Zeit im Unternehmen ist und nicht erst vor kurzem zu höheren Preisen erworben wurde, und weil die inneren Aufwertungseffekte in der Bilanz nicht sichtbar sind, dann bringt dies ein verzerrtes Bilanzbild ans Tageslicht.

Für das Unternehmen selbst ist das noch kein Problem, denn die Unternehmer kennen ja ihre eigenen stillen Reserven, wenn aber jemand die internationale Bühne betritt und diese Bilanz herzeigt, dann ist es nicht sehr hilfreich, wenn er mit stillen Reserven argumentieren muß. Erstens gerät er in den Verdacht, daß er nur "etwas erzählt", und zweitens ist es auch nicht ohne weiteres möglich, denn veröffentlicht werden nicht die stillen Reserven, sondern die Bilanzen.

Wenn sich also jemand über einen Mitbewerber, über einen möglichen Geschäftspartner oder sonstwen informieren will, dann greift er auf die veröffentlichten Bilanzen zurück und nicht auf die Dokumentation der stillen Reserven im Unternehmen. Manchmal ist man dann aus einem Geschäft draußen, bevor man bemerkt hat, daß man in das Geschäft hätte hineinkommen können. Aber weil sich der potentielle Partner zwar schlau gemacht hat, aber natürlich nur die veröffentlichte Bilanz kennt, wurde das Projekt gar nicht mehr weiter betrieben.

Gerade unserer exportorientierten Wirtschaft geht dadurch möglicherweise so manches Geschäft verloren, ohne daß es irgend jemand bemerkt. So ist das nun einmal. Aber ich meine, daß man dann, wenn man im Sinne der Bilanzwahrheit bei der Aufwertung von unterbewerteten Ansätzen in den Bilanzen zwar das Niedrigstwertprinzip, aber das tagesaktuell und nicht historisch anwenden würde, einiges bewirken könnte.

Wenn man gleichzeitig das Instrument einer Neubewertungsrücklage einführte, damit eben keine steuerlichen Schockwellen über das Unternehmen liefen, wenn man das also einglätten könnte, dann wäre auch die Sorge darüber, daß Handelsbilanzen und Steuerbilanzen zu stark auseinanderlaufen könnten, behebbar. Es ist ja geradezu das Ziel dieser Bewertungsrücklage, daß Handelsbilanz und Steuerbilanz über eine bestimmte Periode wieder deckungsgleich geführt werden.

Das halten wir für sehr wichtig, denn für das Publikum im weitesten Sinn des Wortes – damit meine ich schon das qualifizierte Publikum der möglichen Geschäftspartner – ist die Bilanzwahrheit der Schlüssel zur Beurteilung einer Bilanz.

Es wäre schon sehr schön, wenn die Regierungsparteien heute über ihren Schatten springen könnten und dem Fristsetzungsantrag zustimmen würden. Zweitbeste Lösung: Der Vorsitzende des Finanzausschusses nimmt diesen Punkt einfach auf die Tagesordnung. Das wäre ja auch noch eine Möglichkeit.

Wann muß man denn Fristsetzungsanträge stellen? – Wenn man schon längere Zeit geduldig gewartet hat, wenn einem alle bestätigt haben, daß das Thema wichtig ist, und wenn es niemals auf der Tagesordnung des zuständigen Ausschusses erscheint, dann ist man als Oppositions


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