Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 17

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß 2 000 Vorarlberger BürgerInnen den Mut und die Kraft hatten, sich vor einen Kaufmann zu stellen, der innovative Lösungen angestrebt hat und als Antwort darauf Klagen bekommen hat.

Die Chance der kleinen Nahversorger liegt in den Nischen. Diese mit Überreglementierungen zu verbieten heißt, die Nahversorger in unserem Land dem Konkurs und damit dem Zusperren auszuliefern!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die großen Fische fressen die kleinen, das wissen wir schon, aber sie fressen nur die langsamen kleinen Fische! Kundenorientierung ist Beweglichkeit, ist die Geschwindigkeit der kleinen Anbieter, ist die Chance des Kleinen gegen die Großen: die Chance, das zu verkaufen, was die Kunden wollen, es zu verkaufen, wann es die Kunden wollen und so, wie die Kunden es brauchen können.

Öffnungszeiten kann man nur ortsspezifisch festlegen. Ein österreichweites Ladenöffnungsgesetz ist völliger Unsinn, das sagt auch die erwähnte Bürgerinitiative in Vorarlberg. Das Sortiment muß nachfragegerecht sein – es wird durch die Gewerbeordnung unnotwendigerweise eingeschränkt –, und das Service muß kundenorientiert sein. Letzteres ist durch eine arbeitszeitrechtliche Gesetzgebung nicht möglich.

Liberalisierung heißt, neue Antworten auf Kundenwünsche zuzulassen und diese nicht zu verbieten.

Meine Damen und Herren! Wer wie die Wirtschaftskammer Österreich als Unternehmervertreter glaubt, Kleinbetriebe schützen zu müssen, versperrt ihnen in Wahrheit den Weg in die Zukunft, beraubt sie ihrer Anpassungsfähigkeit und verhindert ihre Dienstleistungsqualität und damit letztlich ihre Marktchance.

Die Ergebnisse beweisen es ja: Die Nahversorgung in Österreich stirbt. Das ist ein echtes gesellschaftliches Problem. Sicherlich: Die Nahversorger haben die Preiskonkurrenz gegenüber den Großmärkten verloren. Das ist keine Frage. Aber Nahversorgung heißt im Grunde etwas anderes als das, was Großmärkte anbieten. Nahversorgung heißt, die Lebensqualität der Menschen zu sichern, emotionale Dienstleistungen zu erbringen und auch die Rechte jener Menschen zu berücksichtigen, die nicht mobil sind.

Meine Damen und Herren! Geben wir doch den Nahversorgern eine wirkliche Chance! Heben wir ein Ladenöffnungsgesetz auf, das sich überreglementierend einbildet, die Ladenöffnung österreichweit, vom Burgenland bis zum Bodensee, vom Waldviertel bis nach Südkärnten, gleich regeln zu können. – Das ist nicht möglich, weil es den Kundenwünschen nicht entspricht! Geben wir den Geschäften die Möglichkeit, dann aufzusperren, wann es notwendig ist, und vor allem dann, wann die Kunden es wollen! Und öffnen wir endlich die Gewerbeordnung, um Nahversorgern die Möglichkeit zu geben, die Produkte zu verkaufen und die Dienstleistungen anzubieten, die die Konsumenten zu einem gewissen Zeitpunkt an einem gewissen Ort wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In einem kleinen Ort gibt es wenige Kunden, aber es gibt ganz konkrete, kurzfristige Bedürfnisse. Darin liegt die Chance der Nahversorger.

Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist zum Beispiel noch viel zuwenig ausgebaut worden. Der Bauernmarkt, auf dem der Produzent selbst einmal in der Woche seine Produkte anbietet, hätte doch die Möglichkeit, an den anderen sechs Tagen der Woche genau diese Produkte beim örtlichen Nahversorger anzubieten! Diese Partnerschaft mit der Landwirtschaft ist noch viel zuwenig ausgebildet.

Die Nahversorgung der Zukunft gibt es auch heute schon. Es gibt sie als Nachbarschaftszentren auf Dorfplätzen, es gibt sie in Straßenzügen mit Erlebnischarakter. Denken Sie doch etwa an die Neubaugasse in Wien, ganz in der Nähe vom Parlament: Da haben sich Menschen zusammengetan und haben gefragt: Wie können wir unsere Gasse attraktiv und lebenswert


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