Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 160

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 894/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz geändert wird (1545 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 bis 6 auf. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Es wurde keine mündliche Berichterstattung gewünscht, und wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Erstrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.22

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Behinderten-Zeitschrift habe ich folgendes gelesen: "Das Gefühl, für die Gesellschaft wichtig zu sein beziehungsweise einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, ist auch für behinderte Menschen von äußerster Wichtigkeit." – Es handelt sich eigentlich um eine Banalität, die da niedergeschrieben wurde.

Aber man wundert sich immer wieder, wie wenig dieses Bedürfnis, wichtig zu sein, eine Position, eine Tätigkeit zu haben, befriedigt wird, wie wenig behinderte Menschen die Möglichkeit haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Fast 38 000 Menschen sind in Österreich behindert und arbeitsuchend. Das ganz Gravierende dabei ist, daß diese Zahl enorm gestiegen ist, und zwar innerhalb von drei Jahren um 10 000. Das muß man sich einmal vor Augen führen!

Besonders kraß ist die Situation in Wien, wo die Behindertenarbeitslosigkeit stärker gestiegen ist als die "normale" Arbeitslosigkeit. Wir wissen, daß ungefähr 240 000 Menschen generell arbeitslos sind, wobei ein Experte des Wirtschaftsforschungsinstitutes meint, daß seiner Einschätzung nach 600 000 Menschen tatsächlich arbeitslos sind. Viele sind aber beim Arbeitsamt nicht als arbeitsuchend eingetragen, weil sie jede Hoffnung aufgegeben haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Ich bin überzeugt davon, daß diese Dunkelziffer bei den Behinderten noch viel größer ist, weil diese schon von vornherein ausschließen, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt akzeptiert zu werden. Und das ist doch etwas sehr Trauriges. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ob von der Änderung, die wir heute bezüglich des Kündigungsschutzes beschließen wollen, wirklich eine Erleichterung für die Behinderten ausgeht und ob die Unternehmen aufgrund dieser Änderungen mehr Behinderte einstellen, wage ich zu bezweifeln, und zwar auch deshalb, weil es sich dabei in Wirklichkeit nur um eine Anpassung an die bisherige Judikatur handelt.

Es ist ja nichts Neues dadurch geschaffen worden, daß der Kündigungsschutz erst nach drei Monaten Beschäftigung eintritt, sondern es wurde damit, wie gesagt, eine Anpassung vorgenommen, und es wurde auch keine Motivation für die Unternehmer geschaffen, mehr Behinderte einzustellen. Aber gerade die Motivation wäre so wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn 28 000 Pflichtstellen sind nicht besetzt. Das sind 41 Prozent derjenigen Stellen, die für Behinderte reserviert sein sollten. Das heißt also, daß die Unternehmer lieber zahlen, als einen Behinderten einzustellen.

Das alles sehe ich noch ein bißchen, mit Ach und Krach, bei der privaten Wirtschaft ein, denn wir wissen, daß unter dem verstärkten Konkurrenzdruck auch größere Anforderungen an die Dienstnehmer gestellt werden. Ich sehe aber überhaupt nicht ein, daß im öffentlichen Bereich weniger Personen aufgenommen werden, als nach dem Gesetz aufgenommen werden müßten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die öffentliche Hand kommt ihrer Einstellungspflicht nicht nach – eine ebenso traurige wie erschütternde Tatsache.

In Wien beispielsweise – Herr Kollege Guggenberger, bitte schreiben Sie sich das auf! (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger) – kommt die Gemeinde nur zu 75 Prozent ihrer Ein


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