Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 166

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.48

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Besonders wichtig für Behinderte ist die volle Integration in die menschliche Gesellschaft, die Partizipation an Angeboten und Leistungen und größtmögliche Unabhängigkeit.

Zu meinem Entsetzen hörte ich vor kurzem in den Nachrichten, welch demütigenden Diskriminierungen Behinderte ausgesetzt sind: So darf zum Beispiel ein Blinder nicht Trauzeuge sein. – Man kann doch Gehörtes bezeugen!

Jedenfalls sind die von Nichtbehinderten errichteten Barrieren zu beseitigen. Besonders wichtig ist für alle Menschen das Recht auf Arbeit. Behinderte kompensieren ihre Behinderung durch besonderen Arbeitseinsatz, sodaß die von ihnen erbrachte Leistung oft gleichwertig oder höher sein kann als von Nichtbehinderten.

Wichtig an diesem Gesetz ist, daß die Ausnahmen für den öffentlichen Dienst aufgehoben werden. Dieser steht nicht unter hohem Konkurrenzdruck und soll daher auch den natürlichen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen. Behinderte sollen jedoch nicht nur Vertragsbedienstete sein können: Vielmehr muß ihnen die Pragmatisierung ebenso offenstehen. Gesundheitsuntersuchungen vor Pragmatisierungen sind abzulehnen, denn sie haben in der Vergangenheit, wie man an der hohen Zahl frühpensionierter Beamter sieht, nichts gebracht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ein Arbeitsplatz für Behinderte ist nicht nur wichtig für deren eigenständiges Leben, sondern auch für die soziale Entwicklung ihrer Umgebung. Es sollte keine Bereiche mehr geben, in denen Behinderte nicht beschäftigt werden müssen. So war etwa der Spitalsbereich bisher ausgenommen. – Aber gerade ein Behinderter kann doch viel mehr das Bedrückende einer Erkrankung erfühlen als ein Nichtbehinderter!

Vermehrter Einsatz von Arbeitsassistenten soll die dauerhafte Eingliederung in die Erwerbstätigkeit erleichtern. Trotz des besonderen Kündigungsschutzes, der dem Grunde nach unverzichtbar ist, kann bei gravierenden Pflichtverletzungen unter Einhaltung aller Bestimmungen gekündigt werden. Lehrlinge ebenso wie Krankenpflege- und Hebammenschülerinnen werden nicht auf die Zahl der Beschäftigten angerechnet, womit Wünschen der Wirtschaft Rechnung getragen wird.

Wichtig ist die präventive Einsetzung dieser Mittel des Ausgleichsfonds. Da die Prämien für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht nicht effizient waren, werden sie auch nicht mehr ausbezahlt.

Den EU-konformen Begriff "integrative Betriebe" begrüße ich, da der frühere Begriff "geschützte Werkstätten" oft abfällig gebraucht wurde.

Jene, die bittere Klagen darüber führen, daß schwangere Frauen, die behinderte Kinder erwarten, diese Schwangerschaft abbrechen dürfen, sollen sich ebenso wie wir für die volle Integration Behinderter in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft einsetzen. Das Wissen um ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben mit Partizipation an der Gesellschaft für ein behindertes Kind wird Frauen den Mut geben, dieses Kind zu wollen. Ein Kind in eine Welt zu setzen, die ihm verständnislos bis feindlich begegnet, ist für viele Frauen hingegen unerträglich.

Die Qualität einer Gesellschaft erkennt man am Umgang mit ihren schwächeren Mitgliedern. Wir Sozialdemokraten sind seit jeher für die Schwächeren eingetreten. Daher stimmen wir für diese Novelle und versprechen, uns auch in Zukunft mit ganzer Kraft für verbesserte Lebensumstände Behinderter einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.)

19.51


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