Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 167

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Bund als größter Dienstgeber Österreichs geht beim Behinderteneinstellungsgesetz mit schlechtem Beispiel voran. Das ist heute von meiner Kollegin Partik-Pablé bereits dargelegt worden, die sich ja in diesen Dingen ganz besonders gut auskennt. In manchen Ministerien werden nur die Hälfte der Behindertenstellen vergeben. Der Bund zahlt lieber eine Abschlagszahlung für die Ministerien, wobei ich in diesem Zusammenhang der Meinung bin, daß es richtig wäre, wenn Privatbetriebe das selbst zahlen müssen, daß auch die Ministerien diese Abschlagszahlung im Falle der Nichterfüllung aus dem Budget ihres Ressorts selbst berappen müssen.

Bei den Ländern und Gemeinden ist die Situation ähnlich. Wenn ich es schon in vielen Fällen bei marktwirtschaftlich geführten Betrieben für übertrieben erachte, wenn mangelnde Leistungsfähigkeit behinderter Mitarbeiter oft als Argument angeführt wird, so kann dies bei den Gebietskörperschaften aber auf keinen Fall in dieser Art und Form akzeptiert werden.

Froh bin ich bei dieser Gesetzesänderung darüber, daß die Ungleichbehandlung in bezug auf die Einstellungspflicht zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft jetzt beseitigt wird. Die Gleichstellung von öffentlichem Dienst mit der Privatwirtschaft bei der Einstellungspflicht Behinderter wird innerhalb der nächsten vier Jahre vor sich gehen.

Als beschäftigungspolitisch sinnvoll erachte ich es, daß Lehrlinge nicht in die Mitarbeiterzahl für die Beschäftigungspflicht miteingerechnet werden. Positiv sehe ich auch, daß teilzeitbeschäftigte Behinderte nicht voll auf die Pflichtzahl angerechnet werden. Das ist sicherlich eine Erleichterung. Vor allem sollen aber auch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Prämienzahlung für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht für begünstigte Behinderte beziehungsweise nichteinstellungspflichtige Dienstgeber soll aufgehoben werden. – Ich finde das nicht gut. Diese Maßnahme wurde im Sozialausschuß damit begründet, daß das Geld dazu fehle und Prämien vom EU-Sozialfonds nicht kofinanziert werden. Man prüfe jetzt, ob die Betriebe auf anderem Wege, durch Adaptierungen etwa, eine Unterstützung für jene Maßnahme, die sie für Behinderte treffen, erhalten können. Ich habe es bereits gesagt: Ich finde das nicht gut, denn damit fällt ein zusätzlicher Anreiz – wenn er auch nicht sehr groß ist – für die Einstellung behinderter Menschen weg.

Die Integration vor allem von begünstigten Behinderten in Kleinbetrieben ist in meinen Augen ganz, ganz wichtig, und ich meine, daß die Integration gerade in Kleinbetrieben besonders befruchtend wirkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! 85 Prozent der österreichischen Betriebe sind Kleinbetriebe mit weniger als 25 Mitarbeitern. Diese Kleinbetriebe haben zwar diesbezüglich keine Beschäftigungspflicht, müssen den Kündigungsschutz für Behinderte aber ebenso mittragen wie größere Betriebe. Dieser Kündigungsschutz stellt ein Hindernis für die Beschäftigung von Behinderten dar – und das wird auch von diesen so gesehen –, egal, ob die Beschäftigungspflicht erst bei über 25 Mitarbeitern besteht oder nicht, weil sich eben jeder Dienstgeber nur mit größten Schwierigkeiten von einem behinderten Dienstnehmer trennen kann.

Die bisherige Regelung ist jedenfalls sicherlich kontraproduktiv. Jetzt wird der Kündigungsschutz erst nach drei Monaten ab Einstellung eines Behinderten wirksam. Es ist dies ein erster Schritt in die richtige Richtung, der begrüßenswert ist. Es wird sich aber erst in Zukunft zeigen, ob dieser Schritt überhaupt genügt. Die "Lebenshilfe" hat vorgeschlagen – und ich finde, diese Variante ist sehr sinnvoll –, daß sich der Kündigungsschutz in Zukunft nicht auf den Arbeitnehmer, sondern auf den Arbeitsplatz selbst bezieht. Dieser Vorschlag ist aus meiner Sicht sicherlich diskussionswürdig.


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