Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 185

weniger ist gesagt worden! (Abg. Dr. Graf: All das ist kein Grund, daß man nicht doch ein Gesetz macht, das gerecht ist!) Heute weiß ich, daß man eigentlich die 55. ASVG-Novelle zu Fall bringen wollte, und zwar mit dem Ziel, den festsitzenden Zahnersatz auf lange Zeit, wenn nicht für immer, in der Versenkung verschwinden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber gebrannte Kinder fürchten bekanntlich das Feuer. Deshalb habe ich so sehr auf das Parteienübereinkommen und darauf gepocht, daß der Antrag noch vor der Sommerpause eingebracht wird. Und siehe da: Viereinhalb Monate mehr Zeit und kein Gesamtvertrag! Also war mein Mißtrauen berechtigt, meine Damen und Herren!

Der Hauptverband ist keinen Millimeter hinter das zurückgegangen, was er angeboten hat und was schriftlich vorliegt, wenn ihm das auch in Presseaussendungen vorgeworfen wird.

Gescheitert ist das Ganze letztlich an den überhöhten Forderungen. Denn die Ärztekammer wollte plötzlich 500 Millionen Schilling mehr für den festsitzenden Zahnersatz. Rechnen Sie das bitte auf 2 500 Zahnärzte um, und vergleichen Sie das einmal mit den 600 Millionen Schilling, die man zusätzlich für 1,9 Millionen Pensionisten aufwenden wird!

Meine Damen und Herren! Es gibt, auch wenn wir heute diesen Antrag beschließen, kein Hindernis, weiterhin an einem Gesamtvertrag zu arbeiten. Jedenfalls haben wir aber sichergestellt, daß die Ambulatorien, bis ein solcher Gesamtvertrag kommt, den festsitzenden Zahnersatz ab 1. Jänner 1999 erbringen dürfen. Ich bin trotzdem zuversichtlich, daß der Gesamtvertrag kommt, aber natürlich erst nach den Ärztekammerwahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Wollen Sie die Redezeit eingestellt haben? – Bitte.

21.05

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist jetzt schon einiges gesagt worden, was sehr erhellend war.

Kollegin Reitsamer hat sich auf bestimmte Aspekte konzentriert, die zwar sicherlich diskussionswürdig sind, sie hat aber das zentrale Problem völlig außer acht gelassen, nämlich daß jetzt von Ihnen etwas beschlossen wird, was einen Abschied vom Anspruch der Patienten auf Pflichtleistungen, die medizinischer Indikationen zufolge erbracht werden, bedeutet. Und das heißt: Die Sozialversicherung gibt sich selbst auf!

Wir müssen das ganz nüchtern sagen: Wenn es aus medizinischen Gründen notwendig, sinnvoll und wertvoll ist, so verstehe ich die heutige Debatte, feste Zahnersätze zu machen, dann besteht ein Anspruch der Patienten, daß ihnen dafür von ihrem Sozialversicherungsträger wenigstens irgend etwas, wenn schon nicht alles, bezahlt wird. So ist das! Oder es ist medizinisch nicht notwendig! – Das ist die Philosophie der Sozialversicherungsträger.

Wenn Sie jetzt aber dieses System durchbrechen, dann geben Sie Ihren eigenen Anspruch auf, tatsächlich ohne Ansehen des Einkommens allen Menschen die gleiche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Und daß Sie sich um diese Tatsache herumdrücken, das finde ich überhaupt nicht elegant!

Es gibt natürlich ein Argument, warum Sie so vorgehen. Das Argument war: Es ist zu teuer. – Dieses Argument zu verstehen bin gerade ich als liberaler Politiker sehr wohl in der Lage. Das ganz allgemeine Argument, daß etwas zu teuer ist, hört sich allerdings aus Ihrem Mund merkwürdig an, wenn Sie gleichzeitig dafür sorgen, daß die zu teure Leistung anderswo in geschützten Bereichen durchaus erbracht werden kann, allerdings nur für eine Sonderklientel oder für Sonderpatienten, nämlich für die, die in dieser Debatte schon mit dem giftigen Wort "Stammkunden" bezeichnet worden sind. (Abg. Dr. Pumberger: Stammgäste!) Und wenn der Patient zum "Stammkunden" wird und nicht als "Stammpatient" gilt, dann gefällt mir das auch nicht, weil das ein falscher Zugang zum Arzt-Patienten-Verhältnis ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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