Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 57

1. die Schaffung einer Kommission beim Bundeskanzleramt zur Vorbereitung der Umsetzung der Resolution des Europäischen Parlaments auf Anerkennung der Gebärdensprache in Österreich,

2. Initiativen, die den Gehörlosen und Hörgeschädigten die ungehinderte Teilnahme am österreichischen Universitätsleben ermöglichen,

3. die Sicherstellung der tatsächlichen Beiziehung von Gehörlosendolmetschern bei allen öffentlichen Dienststellen,

4. die Einrichtung von Regelklassen an allen Schulen für Gehörlose, bei denen je ein Lehrer für Lautsprache und einer für Gebärdensprache unterrichtet, wobei grundsätzlich für Gehörlose und Hörgeschädigte beziehungsweise für deren Eltern ein freies Wahlrecht bestehen soll, ob sie ausschließlich lautsprachlichen oder lautsprachlichen und gebärdensprachlichen Unterricht erhalten wollen.

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Ich hoffe, daß auch Sie diesen Entschließungsantrag unterstützen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist mit ausreichender Unterstützung eingebracht und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile das Wort nun Herrn Abgeordneten Dr. Kier. – Bitte.

12.28

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es erfüllt einen mit großer Freude, wenn es aufgrund einer Petition, die man eingebracht hat und hinsichtlich derer man nicht ganz sicher war, ob nicht auch sie das Schicksal vieler Petitionen erleiden wird, nämlich daß sie zwar in Verhandlung genommen wird, aber zu keinem Ergebnis führt, wenn es also aufgrund einer Petition zu einer Fünfparteieneinigung kommt, die in zwei wesentlichen Verfahrensgesetzen der Republik, nämlich in der Strafprozeßordnung und in der Zivilprozeßordnung, die Zuziehung von Gebärdendolmetschern ausdrücklich vorsieht. Ich halte das – im Gegensatz zu meiner Vorrednerin – für einen Meilenstein.

Ich gebe schon zu: Es war auch bisher schon Sache, daß Dolmetscher zugezogen wurden – das ist erfreulich und ein Beweis für eine bewegliche und warmherzige Justiz –, aber der Unterschied ist ein Quantensprung, nämlich ob im Gesetz eine ausdrückliche Anordnung steht oder ob das dem Gutdünken des verhandlungsführenden Richters überlassen ist.

Die gegenständliche Petition befaßt sich unter anderem auch damit, die Gebärdensprache als Sprache anzuerkennen. Und die Verankerung des Gebärdendolmetschers in der Strafprozeßordnung und in der Zivilprozeßordnung ist eine De-facto-Anerkennung in zwei wesentlichen Verfahrensgesetzen. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung des Gebärdens als Sprache! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ.)

Dieser dem Anschein nach sozusagen kleine Erfolg, jetzt etwas im Gesetz zu haben, was teilweise schon Praxis war, ist ein Entwicklungsschritt. Und ich meine daher, jetzt schon darauf hinweisen zu dürfen, daß meine Kollegin Stoisits und ich gemeinsam einen Entschließungsantrag einbringen werden, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit der rechtlichen Problematik der Anerkennung einer solchen Sprache auseinandersetzt. Ich bin mir ganz sicher, daß da noch einige Vorurteile zu überwinden sein werden; Vorurteile, aber auch eine Denkweise, die im Gestern steckengeblieben ist.

Das Unterrichtsministerium hat im Zuge seiner Stellungnahme zu diesem Anspruch zum Ausdruck gebracht, eine Sprache könne nur anerkannt werden, wenn dieser Sprache auch eine


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