Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 100

einen Beschäftigungspakt in Europa geben wird, und wir haben ein Bekenntnis dazu abgelegt, daß wir eine Wirtschaftspolitik in Europa nicht nur im Sinne von Strukturpolitik betreiben – natürlich auch, um strukturell die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern –, nicht nur betreiben durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, durch Ausbildung und Qualifikation der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, sondern auch durch einen ausgewogenen Mix von Stabilität und Wachstumspolitik. Das Bekenntnis, daß – ohne Gefährdung der Stabilität – Wachstum Arbeit für Europa bringen kann, ist ein wesentlicher Effekt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stand keinesfalls von vornherein fest, daß es uns gelingen wird, in diesen Schlußfolgerungen festzuschreiben, daß es im Beschäftigungspakt zusätzliche nachprüfbare Zielsetzungen für die Beschäftigungserfolge in den einzelnen Mitgliedsländern geben muß. Manche sagen jetzt enttäuscht, das steht doch nicht quantifiziert drinnen. – Wir haben gesagt: Es gibt quantifizierbare, aber auch qualitative Zielsetzungen. Und daher haben wir uns in diesem Sinne auf nachprüfbare Zielsetzungen in der Beschäftigungspolitik, und zwar im Sinne einer Selbstverpflichtung der Länder, ähnlich wie es im Stabilitätspakt festgehalten ist, geeinigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mir im Sinne der Koordination der Wirtschaftspolitik besonders wichtig erscheint, ist folgendes: Wie Sie wissen, beginnen wir am 1. Jänner 1999 mit dem Euro. Es war eine hervorragende Leistung des österreichischen Finanzministers, die umstrittene Frage anzugehen, wie sich diese Euro-11-Gruppe etablieren wird, um eine bessere Wirtschaftspolitik zu machen, und zwar ohne Trennlinien zu den Pre-Ins zu ziehen. Es ist ein Erfolg Österreichs, daß diese Euro-11-Gruppe problemlos als Koordinationsorgan eingerichtet werden konnte. Es ist weiters ein Erfolg Österreichs, daß es nun das erste Mal in Europa eine gemeinsame Vertretung in bezug auf den Euro nach außen geben wird, eben als starke Waffe im Weltwährungssystem, als starke Waffe zur Unterstützung der europäischen Wirtschaft und Beschäftigung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mag vielleicht dem ersten Anschein nach nichts mit Beschäftigungspolitik zu tun haben, wenn wir uns dazu bekannt haben, die europäische Position zur Reform des Weltwährungssystems, zur Reform des Internationalen Währungsfonds, die europäische Position zur Reform des Frühwarnsystems im Weltwährungssystem weltweit durchzusetzen. Was hat das mit Beschäftigungspolitik zu tun? – Wir haben zum Beispiel bei den Finanzkrisen in Malaysien, in Indonesien, aber auch in Brasilien sehr wohl gesehen, was das damit zu tun hat: Durch scheinbar nicht vorhergesehene spekulative Aktionen sind ganze Volkswirtschaften zerstört worden, und zwar mit massiven negativen Auswirkungen auf die Exporte, auf die Arbeitsplätze auch in Europa.

Daher wird es in Zukunft eine kräftige europäische Stimme auch im Bereich der Weltfinanzsysteme geben, um unser soziales Marktwirtschaftsmodell auch dort durchzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Oder, meine Damen und Herren: Denken Sie weiters an die Frage der Koordination in der Steuerpolitik! Hätten Sie es für möglich gehalten, daß nun in den Schlußfolgerungen des Gipfels von Wien steht, daß wir uns dazu verpflichten, innerhalb eines halben Jahres eine politische Einigung über ein europäisches Modell der Zinsertragsbesteuerungen, der Kapitalerträge zu finden? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Was hat das mit Beschäftigungspolitik zu tun, meinen Sie? – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es uns nicht gelingt – bei allem Bekenntnis zu einem fairen Steuerwettbewerb –, in einem gemeinsamen Markt mit einer gemeinsamen Währung unfairen Steuerwettbewerb und Steuerdumping zu verhindern, dann wird die Konsequenz die sein, daß die Last der Finanzierung des Staates nur von den Konsumenten und von den Arbeitnehmern getragen wird – zu Lasten der Arbeit! –, und daß sich Kapital und andere mobile Faktoren der Besteuerung völlig entziehen. Daher: Auch das ist ein maßgeblicher Erfolg der österreichischen EU-Präsidentschaft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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