Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 111

Sie gehen jetzt her und sagen: Es sind ohnehin weniger geworden! – Täuschen Sie doch die Öffentlichkeit nicht! Aus Vollzeitarbeitsplätzen und Ganztagsarbeitsplätzen sind Teilzeitbeschäftigungen geworden. Das ist die Art der Beschäftigungspolitik, die sich nun auch in Europa durchsetzt. Das ist das, was wir auch in Österreich haben. Deshalb steigt die Arbeitslosenrate, deswegen haben Sie das Problem der Langzeitarbeitslosen und deswegen ist auch die Osterweiterung so gefährlich für Österreich, weil sie zu einem Zustrom von Billigarbeitskräften nach Österreich in hunderttausendfacher Form führen wird. Billigarbeitskräfte werden zu teuer gewordene österreichische Arbeitskräfte von ihrem Arbeitsplatz verdrängen, und dann werden Sie kein Rezept haben, meine Damen und Herren, um diese Problematik zu steuern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grunde meine ich, daß es gescheit wäre, wenigstens den einen oder anderen Punkt, den die EU selbst vorschlägt, in Angriff zu nehmen. Lesen Sie doch die Protokolle der EU-Kommission! Lesen Sie die Vorschläge der EU-Präsidentschaft selbst, die Leitlinien für die Beschäftigungspolitik! Dort steht es ja nachzulesen: Nur eine drastische Senkung der Steuern wird zu mehr Beschäftigung in Europa führen. – Jene Länder, die das tun, beispielsweise Holland, Großbritannien, Irland und Spanien, haben die beste Beschäftigungssituation. Das können Sie jetzt drehen und wenden, wie Sie wollen. (Zwischenruf des Abg. Hums.) Niedrige Steuern führen zu einem Zuwachs an Beschäftigung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Spanien hat einen massiven Schnitt bei den Steuern gemacht. (Abg. Marizzi: Keiner hat die "flat tax"! Aber keiner hat die "flat tax"!) Spanien ist zusätzlich mit den Mitteln aus dem Kohäsionsfonds begünstigt, die Sie ihnen noch gewähren, obwohl es eigentlich die Maastricht-Kriterien erfüllt hat. – Das ist auch ein Widerspruch in sich; diese Dinge hätten wir gerne besprochen gehabt. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.) Ja, Herr Bundeskanzler, 20 Prozent Arbeitslosigkeit in Spanien (neuerliche Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima), da geht es bergab. Wenn Sie jedoch so großen Wert darauf legen, daß wir über die realen Arbeitslosenzahlen reden, rechnen Sie in Österreich einmal alle Zwangsfrühpensionisten dazu, dann kommen Sie nämlich auf 16 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich, wie es auch das Wifo gesagt hat. Dann brauchen Sie nicht mehr großartig stolz darauf zu sein, daß das ein Ausweis für eine besonders hervorragende Politik sei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine also, es wäre doch auch für uns als Land, das die EU-Präsidentschaft innehat, vernünftiger, eine gewisse Vorbildfunktion zu beachten. Hätten Sie eine steuerpolitische Vision entwickelt! Das, was Sie jetzt auf den Tisch gelegt haben, ist eher bescheiden. Sie versprechen 30 Milliarden Schilling, davon 12 Milliarden Schilling, die Ihnen der Verfassungsgerichtshof aufgetragen hat – das kommt ja nicht freiwillig –, und 9 Milliarden Schilling holen Sie sich über die Kürzung von Überstunden, über die Streichung der Sonderausgaben. Das heißt, die Arbeiter zahlen sich ja ihre eigene Steuersenkung selbst, und mit 9 Milliarden Schilling werden Sie die kalte Progression ausgleichen. – Das können Sie gleich wieder vergessen, weil die Abgabenquote nicht sinken wird. Das sind jene Dinge, die die Leute irritieren und der Grund, warum sie letztlich Zweifel haben, ob all das, was Sie hier vorgetragen haben, so ernst gemeint ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Ich glaube, daß die Chancen nicht ausreichend genützt worden sind.

Herr Vizekanzler! Es ist richtig, Sie haben sich im Kosovo bemüht, aber Sie sollten auch sagen, daß Sie bei diesem Prozeß dort nur Zaungast sind. Sie dürfen für die EU zur Geberkonferenz nach Washington fahren und dürfen zahlen. Verhandeln und politisch entscheiden, das tun die Amerikaner – auch am Balkan, auch im Kosovo. Das ist die Realität, weil Europa in diesen Fragen nicht gehört wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß Sie zwar nach Palästina fahren dürfen, 5,5 Milliarden Schilling spenden dürfen und noch 50 Millionen Schilling von Österreich dazulegen dürfen, aber die Amerikaner entscheiden und nicht der Herr Vizekanzler Schüssel im Auftrag der EU. Wir sind die Zahler, und die Amerikaner bestimmen die Politik. Das muß uns klar sein, und das ist eigentlich den Aufwand, den die europäische Außenpolitik tätigt, im Grunde genommen nicht wert. (Abg. Wabl: Deshalb wollen Sie den NATO-Beitritt haben!) Sie sind sozusagen die Finanzierungsonkel, die das Geld hinlegen, und die anderen bestimmen die Politik!


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