Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 112

Ich meine auch, daß Sie die Chance nicht genützt haben – und das tut mir besonders leid –, die Frage der Nettobeiträge in Angriff zu nehmen. Herr Bundeskanzler! Es war bezeichnend, daß Sie am Ende der Konferenz – nach Schluß der Konferenz! – plötzlich mutig geworden sind und sich in einer Wiener Zeitung zu Wort gemeldet und gesagt haben, Sie seien jetzt auch für das Einfrieren der Beiträge – aber erst, nachdem Ihnen Herr Schröder gesagt hat: "So nicht! Wir Deutschen wollen nicht mehr für alles zahlen, wir wollen eine Senkung der Nettobeiträge!" – Und das, nachdem Sie uns hier im Parlament oft gesagt haben, das, was in England hinsichtlich des Rabatts, den Margaret Thatcher für ihr Land herausgeholt hat, passiert ist, stimme erstens nicht und zweitens werde es sich nicht aufrechterhalten lassen. – Jetzt hat es Ihnen Ihr Freund Tony Blair auch gesagt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Er hat gesagt: Wir wollen den Rabatt auch weiterhin haben. – Sie haben das zur Kenntnis nehmen müssen. Wäre es nicht gut gewesen, als EU-Ratspräsident, der aus Österreich kommt, auch für das eigene Land das Wort zu ergreifen und zu sagen: Auch wir wollen niedrigere Nettobeiträge, weil wir in diesem Lande auch Bedürfnisse der Finanzierung haben und weil wir heute als kleines Land der drittgrößte Beitragszahler geworden sind!? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind meines Erachtens die wirklichen Schwachstellen. Daher sollte man das Ergebnis nicht besonders bejubeln, sondern zur Kenntnis nehmen, daß man eine Gelegenheit versäumt hat, bei der man auch für Österreich vieles erledigen hätte können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Die Frage 4 wäre das gewesen!)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. 10 Minuten Redezeit laut Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Die Kollegin Schmidt läßt sich freiwillig nicht beschränken!)

16.19

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte eingangs nur ein paar Bemerkungen zum technischen Ablauf dieser Diskussion machen. Ich bedauere es auch, daß die Debatte über den Bericht des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers betreffend EU-Gipfel im Rahmen einer Dringlichen Anfrage stattfinden muß. Ich bedauere das vor allem deswegen, weil die beiden Berichte sozusagen in einem Sandwich zwischen zwei Hallelujareden stattgefunden haben, und zwar jener des Klubobmannes Kostelka und jener des außenpolitischen Sprechers der SPÖ Schieder. Man muß aber wissen, warum es auf diese Weise passiert. Es gibt nämlich eine Fraktion in diesem Hause, die nicht dazu bereit war, auf ein parlamentarisches Instrumentarium zu verzichten. Alles, was sonst stattgefunden hätte ... (Abg. Dr. Khol: Welche Fraktion war das, Frau Schmidt?) – Die freiheitliche, und Sie wissen, daß es nur diese sein kann, wenn es um solche Dinge geht. Das ist eine Realität. (Abg. Mag. Stadler: Ihre Komplexe möchte ich haben!)

Deswegen müssen wir in dieser Form hier diskutieren. Ich bedauere das (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler) – das ist nachlesbar –, denn für eines muß man doch Verständnis haben: daß diese beiden Herren, Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel, heute eben nur zu diesen Zeitpunkt Zeit haben (Abg. Mag. Stadler: Ich bin froh, daß es eine Dringliche ist! So einen Schmarren in Form einer Regierungserklärung, wäre zu groß!), eine Debatte mit dem Parlament zu führen. Dafür muß man in dieser Situation einfach Verständnis haben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Aber wenn eine Fraktion nur aus Destruktion besteht, dann müssen vier Fraktionen nun in dieser Form diskutieren, und ich tue das hiermit.

Zweitens bedauere ich, daß diese Debatte mit einer solchen Schwarzweißmalerei geführt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie brauchen sich nicht anzubiedern!) Ich habe schon vorher dieses Hochjubeln des EU-Vorsitzes und auch des EU-Gipfels durch die meisten – Herr Abgeordneter Mock, ich sage: die meisten – Abgeordneten und auch Vertreter der Regierung auf der einen Seite erwähnt. Der erste Redner der Opposition hat nun so getan, als ob in dieser Zeit das Allerschlimmste passiert wäre. Da ist wirklich mehr Differenziertheit angesagt. (Abg. Scheibner:


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite