Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 124

Es mag schon stimmen – ich möchte da durchaus differenzieren –, daß man nicht all das der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft um den Hals hängen kann als Schuld oder als ein Nichterfüllen von Aufgaben, aber eines muß schon gesagt und noch einmal in Erinnerung gerufen werden: Sie haben zu Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ein sehr umfangreiches Programm vorgelegt. Wir haben schon damals in der Debatte gesagt, daß es nicht gut ist, das, was auf der Agenda, auf der Tagesordnung steht und zu erledigen ist, mit dem zu vermischen, was Ihre Schwerpunkte sind, mit dem, wovon Sie sagen, daß Sie es auf jeden Fall während Ihrer EU-Ratspräsidentschaft erreichen wollen, vielleicht noch gespickt mit Dingen, die – mehr oder weniger in letzter Minute – von der britischen EU-Ratspräsidentschaft auf die österreichische übergegangen sind. Das war deswegen nicht gut – genau vor diesem Dilemma stehen Sie jetzt –, weil Sie jetzt an dem gemessen werden, was Sie in Ihrem Papier vorgegeben haben, an allem, an jedem, ob es nun Ihr ambitioniertes Vorhaben oder die Tagesordnung war. Insofern bleibt nun eben der Eindruck bestehen, daß Sie in Ihrer EU-Ratspräsidentschaft vieles von dem, was Sie erreichen wollten, nicht erreicht haben.

Es wäre interessant, darüber zu diskutieren – aber es ist heute hier nicht die Zeit dazu –, was in Ihrer Verantwortung als die EU-Ratspräsidentschaft führendes Land liegt und gelegen ist und was davon unter Umständen auch Anzeichen einer Europamüdigkeit sind. Viele Kommentatoren haben es so beschrieben: Der Gemeinsinn geht verloren, der Gemeinsinn wird vermißt. Es wäre deswegen interessant, darüber zu diskutieren, weil die Probleme, die Sie nicht gelöst haben, im nächsten Jahr gelöst werden sollen. Daran ist dann wahrscheinlich die Frage, wo der Gemeinsinn und der Wille zur Gemeinsamkeit bleiben, zu messen.

Lassen Sie mich noch einmal drei Bereiche herausgreifen, die Schwerpunkte Ihrer Präsidentschaft waren und an denen meiner Meinung nach besonders gut zu sehen ist, was Sie nicht erreicht haben, was Sie nicht eingebracht haben und hier auch nicht einmal erwähnen. Es wäre keine Schande, das zu erwähnen! (Bundeskanzler Mag. Klima spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Mag. Posch.) – Ich würde übrigens Wert darauf legen, so wie alle anderen Redner und Rednerinnen, ungeteilte Aufmerksamkeit von der Regierungsbank zu erhalten. – Danke.

Ich möchte drei Bereiche herausgreifen, hinsichtlich derer ich mir denke, daß es keine Schande gewesen wäre, wenn Sie da oder dort eingestanden hätten, daß Sie das vorgelegt haben, wie zum Beispiel ein Nonpaper kurz vor dem Gipfel. Wir haben es vorgelegt mit meiner Meinung nach sehr beachtlichen, guten Vorschlägen, nämlich daß die Europäische Zentralbank einbezogen werden soll. Aber Sie sind damit offensichtlich nicht durchgekommen, denn von diesem Nonpaper ist keine Rede mehr, von diesem Vorschlag war auf dem Gipfel keine Rede. Es war aber auch von anderen Dingen, wie beispielsweise von Ihrem beliebten Begriff, Herr Bundeskanzler, des Policy mix bei der Beschäftigungspolitik, keine Rede auf dem Gipfel. Keine Rede davon, keine Rede vom Nonpaper! So bleibt die Frage, worin der Fortschritt vom Luxemburger Gipfel bis zum Wiener Gipfel besteht, weiterhin berechtigt.

Ein Jahr lang war uns versprochen worden, daß die nationalen Beschäftigungspläne evaluiert werden und daß es – ich betone das Wort – quantifizierbare Ziele und Kriterien geben soll. Herr Bundeskanzler! Nachprüfbare Kriterien sind genau das, was wir ein Jahr lang gehabt haben, sie sind das Papier, auf dem sie stehen, nicht wert. Es ist einfach nicht nachprüfbar, wenn Sie schöne Worte in einen Nationalen Beschäftigungsplan hineinschreiben ohne Quantifizierung der Maßnahmen, ohne Quantifizierung der Ziele und Kriterien, ohne Angabe der Kosten und ohne Angabe des Zeitpunktes der Umsetzung. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den "schönen" Worten dieses Gipfels: Was ist ein Beschäftigungspakt? – Auch ich frage mich, was das ist. Ist das Liberalisierung und Flexibilisierung? Ist das Wachstumspolitik? Ist das Policy mix? Ist das das Einbeziehen von verschiedensten Instrumenten, die auch auf dem Luxemburger Gipfel nur diskutiert und nicht beschlossen wurden? Was ist das? Gehören in solch einen Beschäftigungspakt die Steuerharmonisierungen hinein? – Meiner Meinung nach schon. Damit sind wir beim nächsten Bereich angelangt.


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