Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 125

Steuerharmonisierungen waren ein deklariertes Ziel Ihrer EU-Ratspräsidentschaft. Finanzminister Edlinger hat sogar im Herbst noch einmal betont, daß Sie das unter Dach und Fach bringen möchten. Das Wort "Harmonisierung" kommt aber in den "Wiener Strategien" überhaupt nicht mehr vor, sondern es ist von einem "fairen Steuerwettbewerb" die Rede. Dieselbe Frage: Was ist das? Was ist "fair"? Was ist ein "fairer Steuerwettbewerb"?

Wir haben in den letzten Jahren erlebt, was ein sogenannter fairer Wettbewerb auslösen kann. Nämlich Massenarbeitslosigkeit, ein Steigen der Arbeitslosigkeit. Was ist daher ein "fairer Steuerwettbewerb"? – Das ist eine der Zauberformeln, die da gefunden wurden, ohne zu erklären, was genau das sein soll.

Von einer Steuerharmonisierung, die ein wesentlicher Schritt im Zusammenhang mit der Beschäftigungspolitik wäre – ein sehr wesentlicher Schritt –, sind wir meilenweit entfernt. Nicht erreicht! Nicht erfüllt! Abgeblitzt! – Man kann das auch so nennen.

Ich muß zitieren, wie ich schon oft zitiert habe in diesem Zusammenhang, nämlich Jean Claude Juncker, der gesagt hat: Ich habe nicht alles erreicht! Ich habe beim Beschäftigungs-Gipfel in Luxemburg viel vorgelegt, aber wir haben nicht alles erreicht!

Sie könnten das doch auch sagen! Dies wäre kein Schaden, kein Schaden für Österreich und auch kein Schaden für die Ambitionen und Vorhaben, hinsichtlich derer ich hoffe, daß sie nach wie vor vorhanden und aufrecht sind.

Lassen Sie mich noch zu einem dritten Bereich kommen: zur EU-Erweiterung, wofür wir doch immer wieder so etwas wie die Patenschaft übernommen haben. Die EU-Erweiterung ist auf die lange Bank geschoben, sie ist nicht vorhanden. Im Gegenteil. Wir haben uns einer unglückseligen Debatte angeschlossen, die die Deutschen wieder einmal losgetreten haben, nämlich der Nettozahler-Debatte, obwohl wir wissen, daß sie völlig konträr zu den Erweiterungswünschen und dem Erweiterungswillen ist.

Wir haben eine Zauberformel gefunden, nämlich das Einfrieren der Ausgabenansätze, obwohl wir wissen, daß dies Hilflosigkeit widerspiegelt, daß dies ein ungeeigneter und ein äußerst konservativer Vorschlag ist, der nicht geeignet ist, die Probleme, die vor uns liegen, zu lösen.

Wo ist Ihr Vorschlag, Herr Außenminister, den Sie einmal als "Marshall-Plan" für die EU-Erweiterungsländer vorgebracht haben? (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Schüssel.) Es ging dabei um die Differenz der Eigenmittelobergrenze, 180 Milliarden Schilling. Dieser Vorschlag ist einzubringen, und es ist zu sagen: Die EU-Erweiterung kostet etwas! Das ist eine Investition für die Zukunft, und als solche sollten wir sie auch sehen! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Schüssel.) – Nur deswegen, weil Haider das kritisiert, dürfen wir es nicht mehr machen, Herr Außenminister? So weit sind wir? So weit ist Ihre Politik? (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Gredler. – Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein, weil es außer Streit steht ...!)

Aber was ist, Herr Bundeskanzler – um zu einer letzten solchen Zauberformel zu kommen –, Ihr Momentum der EU-Erweiterung, ihrer Aufrechterhaltung? – Das begreife ich absolut nicht.

Zum Schluß: Ein Schwerpunkt waren die Menschenrechte. Sie haben vieles aufgezählt. Zu den Menschenrechten und zu meinem Verständnis von Menschenrechten gehört aber auch, überall dort, wo dies möglich ist, Kriege und Konflikte zu verhindern. Sie haben es in Ihrem Papier und auch im Memorandum der EU für die Vereinten Nationen erwähnt, und Sie, Herr Außenminister, haben es in Ihrer Rede vor den Vereinten Nationen erwähnt: daß der Handel mit gebrauchten kleinen Waffen zu einem der gefährlichsten Potentiale wird, wenn es um Konflikte und um Kriege geht, gerade um Bürgerkriege. Dieser Handel ist zu stoppen, es sind Maßnahmen zu treffen, mit denen er verboten wird.

Im Lichte der Ereignisse, wie wir sie jetzt sehen, von denen wir jetzt lesen, die wir Grüne aufgedeckt haben, frage ich: Wie stehen Sie dazu und was sagen Sie dazu, daß wir, um das eigene Landesverteidigungsbudget zu sanieren, in Kauf nehmen, dadurch Kriege woanders zu


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