Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 32

drängen versucht. Ich habe mir das angesehen: Es ist in Ihren Ressorts nicht besser, aber von den ÖVP-Ministern habe ich mir auch nichts erwartet. Sehr wohl aber habe ich mir etwas anderes von der Sozialdemokratie erwartet. (Abg. Dr. Khol: Warum, Frau Kollegin Petrovic?) Weil das zumindest programmatisch einer Forderung der Sozialdemokratie entspricht, aber offenbar nicht umgesetzt wird.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie es ernst meinen mit Frauenförderungsplänen, mit der Gleichstellungspolitik zum Beispiel in den SPÖ-Ressorts, muß ich Ihnen sagen: Dort ist es damit sehr, sehr schlecht bestellt. Ich nenne als Beispiel nur das Sozialministerium, und zwar das Gremium, das für die Berufschancen der Frauen verantwortlich zeichnet, das Arbeitsmarktservice. Frau Bundesministerin! Da können Sie sich nicht ausreden auf den Koalitionspartner. Wenn ich mir dort die Zahlen anschaue: Vorstand des AMS: null Prozent Frauen; Verwaltungsrat: von 18 Mitgliedern drei Frauen; Landesgeschäftsführer: null Frauen.

Auch in den sozialdemokratisch bestimmten Bundesländern werden keine Frauen in die Leitungsgremien entsandt. Was erwarten Sie von einem Gremium, das die Berufschancen gerade auch von Frauen mit Betreuungspflichten verbessern soll, wenn nicht einmal in diesem Gremium Frauen ein Chance haben, eine faire Chance auf eine gleiche Besetzung von Spitzenfunktionen? Das ist nicht der Fall! Das lag großteils im Einflußbereich der Sozialdemokratischen Partei – aber es ist diesbezüglich nichts geschehen. Offenbar haben Sie, beide Frauen Bundesministerinnen, bei den Spitzen der Sozialdemokratie für Ihre Forderungen keinen Rückhalt.

Nächstes Beispiel: Bundeskanzleramt, das sozialdemokratische Ressort schlechthin, dem auch Sie, Frau Bundesministerin, angehören. – Wenn ich mir etwa den Verwaltungsakademie-Beirat ansehe, was Weiterbildungsmöglichkeiten anlangt: Ich finde da keine einzige Frau, und das bestimmt die Chancen der Frauen im Bundesdienst. – Ich könnte diese Liste noch sehr, sehr lange fortsetzen.

Frau Bundesministerin! Sie haben am 20. März 1997 gesagt, Sie hätten als Frauenministerin mit dem Frauen-Volksbegehren ein "Einstandsgeschenk" bekommen. In der Tat war das ein Kooperationsangebot von 640 000 Menschen – überwiegend Frauen – in Österreich an Sie, in die Offensive zu gehen.

Und dann, Frau Bundesministerin, haben Sie erklärt, die Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens wäre für Sie das "schönste Muttertagsgeschenk". – Prammer am 10. Mai 1997. – Frau Bundesministerin, wenn Sie als zuständige, als sozialdemokratische Ministerin Frauenpolitik in der Form betreiben, daß Sie warten, daß die österreichischen Frauen "Muttertagsgeschenke" bekommen, dann, glaube ich, können wir lange warten. 25 Jahre und länger Sozialdemokratie in der Spitzenfunktion in Österreich – und diese "Resultate"! Sie werden vergeblich auf Geschenke warten, und wenn Sie nicht mit Ihren Verbündeten auf die Barrikaden steigen, dann tragen Sie die Hauptverantwortung dafür, daß die Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens nicht stattfindet. – Und das ist ein trauriger Befund. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Schmidt.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesminister.

9.14

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann von dieser Stelle aus nur wiederholen: Ich habe mich damals, vor zwei Jahren, zu allen inhaltlichen Punkten des Frauen-Volksbegehrens bekannt, und ich tue das auch heute. Ich nehme ganz einfach nicht zur Kenntnis, wenn jetzt gesagt wird, daß in keinem der Punkte Fortschritte erzielt worden seien. – Ganz im Gegenteil: Wir haben einiges auf den Weg gebracht, wenngleich ich keinen der Punkte wirklich als erledigt ansehen möchte oder damit zufrieden sein kann.

Ich möchte auf ein paar dieser Punkte eingehen, weil es darum ja auch heute im Rahmen der Aktuellen Stunde geht.


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