Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 55

Umso weniger, meine Damen und Herren von der ÖVP, Herr Kollege Kukacka, verstehe ich die Position der ÖVP. Herr Kukacka! Mir liegt ein Brief Ihres Klubobmannes bezüglich dieses Projektes vor, den er einem "lieben Kartellbruder" schrieb – ich zitiere –: Ich trete angesichts der budgetären Situation vehement gegen eine öffentliche Finanzierung ein. Mit kartellbrüderlichen Grüßen, Dein Andreas Khol. (Abg. Mag. Stadler: Das wird Kukacka geschrieben haben!)

Herr Kollege Kukacka! Da schreibt Ihr Parteiobmann Wolfgang Schüssel: Wir sind ganz Ihrer Meinung, lieber Herr, daß keine Steuergelder in ein Projekt dieser Art gesteckt werden dürfen. In Zeiten des Sparens – wir müssen unbedingt sparen –, so schreibt er, können Projekte dieser Größenordnung auf keinen Fall durch öffentliche Mittel finanziert werden.

Er fügt weiters an, Herr Kukacka: Wir von der ÖVP sagen daher, daß entweder eine private Finanzierungslösung ohne Ausfallshaftung des Bundes gefunden werden muß, oder es wird mit dem Bau nicht begonnen. Mit freundlichen Grüßen, Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen.) – Herr Kukacka! Ich erwarte mir einige klärende Worte zu dieser Angelegenheit.

Selbst der Bundeskanzler hat sich einmal zu der Äußerung hinreißen lassen, daß eine Haftung der Republik nicht vorgesehen ist. Heute, meine Damen und Herren, ist alles anders. Nach der gescheiterten Privatfinanzierung soll der inzwischen 15 Milliarden Schilling – das private Konsortium hat festgestellt, daß das Loch durch den Berg schlußendlich mindestens 15 Milliarden Schilling ohne Finanzierungskosten kosten wird – teure Tunnel aus den sogenannten SCHIG-Milliarden finanziert werden. Hat man ein Problem, so greift man auf die SCHIG-Milliarden zurück; denn SCHIG hat Geld!

Herr Bundesminister! Woher kommt denn das Geld? – Das ist nicht von irgendwo neu hergekommen. Übersetzt heißt dies: Es handelt sich um maastrichtgerecht versteckte Schulden, für die der Bund haftet. Somit ist all das, was ÖVP und Klima zur Privatfinanzierung gesagt haben, Makulatur, meine Damen und Herren! SCHIG-Milliarden sind Steuermilliarden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind maastrichtgerecht versteckte Schulden, für die der Bund haftet, meine Damen und Herren!

Der Semmering-Basistunnel wird laut Herrn Draxler von der ÖBB, der eine begeisterte Brandrede gehalten hat – vielleicht erinnern Sie sich daran, Herr Präsident –, auf Kosten der Steuerzahler zur Verfügung gestellt. Das ist nur deshalb möglich, meine Damen und Herren, Herr Kukacka, weil die ÖVP einmal mehr umgefallen ist. (Abg. Mag. Stadler: Wieder einmal!) Draußen erzählen Sie dieses, schreiben den Leuten jenes, der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich erzählt Schauermärchen, und in Wahrheit, nämlich dann, wenn es darum geht, hier herinnen zu entscheiden, ist die ÖVP ganz anders. Sie ist pflegeleicht und immer wieder im gleichen Trott hinter der SPÖ. Ich weiß nicht, was Sie sich davon versprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die ÖVP unterstützt ein 15-Milliarden-Schilling-Projekt, das in Wirklichkeit nur eine großzügige Streckenbegradigung eines kleinen Abschnittes dieser langen Südbahn darstellt, meine Damen und Herren von der ÖVP! Die Experten haben uns gesagt, im Falle einer stärkeren Verkehrszunahme – Herr Präsident, ich ersuche Sie, das dann auch zu bestätigen – wird aber die gesamte Strecke, nämlich die gesamte Südbahn, an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, und damit ist eine völlig neue Südstrecke notwendig. Daß dieser Fall eintritt, haben alle Experten bestätigt, wenn Sie sich erinnern. Spätestens dann werden auch die Befürworter, die wir in den Regierungsparteien haben, das zugeben müssen, was sie ohnehin wissen: daß dieser Semmering-Basistunnel eine extrem teure, völlig unwirtschaftliche und völlig unnötige Übergangslösung darstellt und deshalb ein krasses Beispiel mehr für die sozialistische Geldverschwendung in diesem Lande ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben nichts gelernt: Sie haben aus Zwentendorf nichts gelernt (Abg. Edler: Verhinderung!), Sie haben aus dieser nun zehnjährigen Diskussion um den Tunnel nichts gelernt, und Sie werden in der Steiermark demnächst das nächste Desaster mit der 380-kV-Leitung erleben. Wir haben sie im Burgenland, doch in der Steiermark dürfen Sie nicht weiterbauen. Das heißt, eine


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